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Tagebuchschreiben, Studiererei usw. vor. Einer der Genossen trat aus der Reihe, um sich wegen des Tagebuches zu ver­teidigen; er tat ebenso. Am liebsten hätte er seinen Abschied ge­fordert; aber er hatte keine anderen Aussichten und mußte fürchten, der Schritt könne von den Eltern falsch beurteilt werden. „Mit Zähneknirschen trat ich wieder zurück.“ Als der Inspektor ihm ein andermal mit Behagen sagte, er sei beim Oberstleutnant an­geschwärzt, weil er die Zeit unnütz verbrächte und manche Tage schliefe, da erwiderte ihm der junge Mann, bis ins Innerste empört, daß er diesen Anzeiger für einen Schurken erkläre. Dieses, wenn auch gewagte, aber kraftvolle Auftreten trug seine Früchte; der Gefürchtete wurde in der Zeit, bis er dann selbst versetzt und zurückgesetzt wurde, höflicher; er hatte eingesehen, daß er mit dem jungen Rachel auf diesem Wege nicht durchkomme.

Im Herbst wurde er nun nach Arnsdorf versetzt. Wieder plagen ihn allerhand Nöte der Witterung und der widerhaarigen Bauern. Er faßt an einem stillen Sonntagnachmittag alles, was ihn quält, in folgenden Worten zusammen: „Komme ich früh heraus und regnet es nicht, so fange ich an zu arbeiten. Keine Viertelstunde vergeht, so fängt das Papier an zu schwellen; bald darauf stellt sich der Wind ein, der am Ende gar zu Sturm wird und mir vor meinen Augen das Instrument umwirft; end­lich findet sich auch der Regen ein, der von Viertelstunde zu Viertelstunde ärger wird. Nun lasse ich alles einpacken und nehme die Kette vor. Die Orte, wo ich zu messen habe, sind theils sumpfige Wiesen oder dergl. Wald. Die Grenze macht ein im Zickzack laufender Graben; habe ich nun eine Stunde messen lassen, so ist unterdessen das Wasser durch die Stiefel gedrungen, und man ist um die Füße ganz naß, der Wind kältet nun auf eine furchtbare Weise aus, und der Regen hat unter­dessen die Kleider durchzogen, damit der schneidend kalte Wind desto schneller seine unerträgliche Wirkung hervorbringen kann. Bin ich nun auf diese Weise ganz durchnäßt und ausgefroren, und ich sehe, daß der Regen nicht gleich aufhören wird, so sage ich den schon längst murrenden Leuten, daß wir nach Hause gehn. Zu Hause angekommen, setze ich mich einsam in meine Stube

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/173&oldid=- (Version vom 14.3.2024)