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Über Bayernfeld, Grünhain und Zwönitz ging es nach Stollberg, wo das Kammergut Hoheneck liegt. Nachdem sich Freund Vogel verabschiedet hatte, wanderte Rachel allein nach Chemnitz. Dort speiste er Mittag 2 Uhr in dem Gasthof zur Sonne, der vor der Stadt gelegen war. Über Unter- und Oberwiese, sowie über Gückelsdorf ging es ins Nachtquartier zu Oederan. Am anderen Morgen 5 Uhr weckte er „tobend und schimpfend“ die Wirtsleute und eilte über Freiberg bis nach Grillenburg. Da es gewaltig zu regnen anfing, nahm er mit einem Maler zusammen einen Wagen, in dem beide über Tharandt nachmittags 3 Uhr in Dresden ankamen. An den Klepperställen[1], wo der Fuhrmann einstellte, stieg er aus und eilte, glücklich, die Familie wiederzusehen, nach der nahe ge­legenen kleinen Schießgasse. Er fand hier den Abschluß häus­licher Veränderungen. Die Eltern hatten das dritte Stockwerk verlassen, aus dem der Verkehr im Hausgarten immerhin mit Schwierigkeiten verknüpft war. Das Erdgeschoß, das ehemalige Gewölbe der Hauptauswechselungskasse, war in ebenso geschickter, wie gemütlicher Weise in einen Gartensaal und zwei anliegende Stuben umgewandelt und durch eine neugebaute Innentreppe mit der nach dem Garten gelegenen Hälfte des ersten Geschosses verbunden worden. Oben wohnten Eltern und Schwester, unten die Söhne im größeren, und die würdige Großmutter im kleineren Zimmer. Feierlich bemerkt er in seinem Tagebuch, daß er am 29. September 1833 in sein neues Zimmer gezogen sei.

Die Reise und der längere Aufenthalt im Gebirge hatten ihm ohne Zweifel manchen Nutzen gebracht: selbständigere, verantwortungsreichere Arbeit als bisher; Bekanntschaft mit der In­dustrie des Gebirges, denn manches Hammerwerk und hie und da Gruben hatte er besucht; Verkehr mit den gemütlichen Ge­birglern, über die er nie eine Klage anzubringen hat, nur ein­mal bedauert er, daß ihm nachts ein Chalon gestohlen worden sei; und nicht zum wenigsten echte Ingenieurarbeit bei Wind und Wetter, wobei der Körper gekräftigt, der Geist geschärft wird.

Das Leben während des Herbstes und Winters in Dresden brachte allerhand Vermessungen, nebenher ernsthafte mathematische


  1. Jetzt Terrassengasse.
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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/165&oldid=- (Version vom 14.3.2024)