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sie beim Pferd- und Wagenwechsel oft lange warten mußten, weil nicht sogleich alles bereit war, manchmal bei den Bestellungen auch Irrtümer untergelaufen waren und sie außerdem stets die Sachen, darunter einen tüchtigen Bettsack, umpacken mußten, wurde doch sonst auch oft gehalten, damit sich Pferde, Bauern und Reisende durch Trinken usw. stärken konnten. Meist war es an Stellen, wo man zugleich „eine schöne Aussicht“ genoß. Den armen, oft von Bremsen jämmerlich gestochenen Pferden erleichtern es die Passagiere durch häufiges Danebenlaufen. Neue Brücken, neue Straßen wurden mit Interesse beobachtet, die Reinlichkeit und Nettigkeit Annabergs wirklich genossen, mit einem Jungen, der ihnen auf dem Markt zu Schlettau „das Wagengeleite“ abforderte, ernsthaft gestritten.

Mitten in der Nacht hielt der in Schlettau zuletzt ge­nommene Wagen vor dem Gasthof zu Sachsenfeld, dessen Schenkwirt in tiefem Schlafe lag; endlich nach heftigem Pochen und Rufen wurde ihnen geöffnet.

Vom nächsten Tage, dem 21. Juni, an begann nun die interessante Vermessungszeit, die über 10 Wochen, bis zum 3. September 1833, andauerte.

Erst suchten sich die beiden Volontäre, der junge Baron Wagner und er, Quartier. Er fand es bei einem biederen Schuhmachermeister; dann machten sie ihre Besuche beim Dorf­richter, der mit ihnen die Grenzen beging, beim Oberförster, der ihnen, wenn es galt, auf dem nahen Geringsberg einen Chalon zu stellen, seinen Jägerburschen zur Verfügung stellte. Um einen tüchtigen Kettenzieher zu bekommen, wendeten sie sich an den alten „Vogelsteller“ Flechsig, der ihnen denn auch seinen ältesten Sohn dazu überließ. Nun ging es los; Baron Wagner, der schon einmal hier oben im Gebirge gearbeitet hatte, schulte den jüngeren Kollegen an, zeichnete ihm das geometrische Netz und überließ ihn dann seiner Arbeit. Gleich die ersten selbständigen Versuche gelangen recht gut. Leicht ist ihnen die Arbeit des Messens in diesen Sommerwochen wahrscheinlich nicht geworden, denn es regnete oft tagelang, oder die Sonne narrte sie, lockte sie hinaus, um sich bald wieder zu verkriechen. Da hieß es dann, zu Hause das Gezeichnete sichten, aufs Menselblatt bringen,

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/160&oldid=- (Version vom 14.3.2024)