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Der junge Mann selbst wurde in Atem gehalten, denn sechsmal stieg er hinauf, sechsmal hinab. Dabei kletterte er in der oberen Kuppel herum und fand eine Dohle. Zu Mittag ging er vom Turm herunter nach Hause; der Oberinspektor Lohrmann aber ließ sich das Essen „auf den Turm“ bringen. In diesen Tagen wurde es lebhafter und lebhafter; eine Vermessungsreise ins „Gebirge“ war in Aussicht, und der Vater hatte für gute Aus­rüstung zu sorgen. In seinem treulich geführten Ausgabenbuch steht vermerkt 64 Tlr. 8 Gr. für Meßinstrumente. Das kost­barste Stück davon besorgte sich der Sohn mit Herrn Ober­inspektor Lohrmann zusammen im mathematischen Salon; es war eins von den Blochmannschen[1] Meßinstrumenten für 30 Tlr. Zu den Werkzeugen selbst kommen noch verschiedene Fahnen. Alles war sehr nötig, denn am 19. Juni sollte eine wirklich große Reise – für damals – angetreten werden. Es ging ins Gebirge. Diesem denkwürdigen Vorgange ist ein eignes kleines Heft gewidmet mit der feierlichen Aufschrift:

Das Leben im Gebirge
(eine wahre Geschichte)
Beilage zum Tagebuche des Vermessungsvolontärs G. Rachel.

Nachdem noch vielerlei besorgt worden war, begann die Fahrt von Dresden nach Sachsenfeld im Erzgebirge Mittwoch den 19. Juni mittags 12 Uhr; es gab nur ein Nachtquartier in Freiberg; von da ging es früh 4 Uhr über Forchheim, Wolkenstein, Annaberg-Buchholz nach Schlettau, nach Sachsenfeld, wo sie nach Mitternacht ankamen. In Freiberg, in Forchheim, in Wolkenstein, in Annaberg und Schlettau gab es Wagen- und Pferdewechsel; auch die Vorspannbauern wechselten; von Wolken­stein über Wiesenbad fuhr sie ein über 70 Jahre alter Bauer, der trotz seiner Jahre vielfach neben den Pferden herlief; ein andermal hatten sie einen jungen Bauern, der sehr munter und frisch darauf losfuhr und mit dem es sich ausgezeichnet unter­halten ließ. Am übelsten ging es zwischen Forchheim und Wolkenstein zu: der Wagen war morsch, die Pferde steif. Ob­wohl


  1. R. S. Blochmann war Inspektor bei der Kunstkammer und damals schon Ehrenmitglied der Ökonomischen Gesellschaft.
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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/159&oldid=- (Version vom 13.3.2024)