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Als der Tanz zu Ende war, brachte Onkel Zumpe im Namen „aller“ dem Grafen Marcolini, dem maître de plaisir, seinen Dank und lachte wie ein Kobold. Gern hätte sich der Vergnügungsmeister durch einen neuen Tanz für seine Ehrung be­dankt, aber der vorsichtige Pastor hatte einstweilen die Musi­kanten schon nach Hause geschickt. So bleibt nichts anderes übrig, er holt Mäntel und Hüte; im Aufmarsch geht es nach der Stadt zurück.

Die folgenden Tage bringen noch Wanderungen über Land, zu denen er in großer Lust die einzelnen Familien aufsingt, in­dem er jeder vorschwindelt, daß die und die auch kommen werden. Wirklich geht es zum Pastor Otto nach Burkersdorf. Nach allerhand Spielen hilft er „den Kaffee servieren“.

Als man nach Neustadt zurückkommt, wird er vom Herrn Pastor „geleimt“; dieser sagt zu, daß man in 1 1/2 Stunden zum Tanz auf dem Schießhause sein werde. Er sendet einen Blumen­strauß ins Pastorhaus, erhält aber auf dem Schießhaus, wohin er vorausgeeeilt, die Botschaft: er möchte nur allein tanzen. Der Onkel aber lacht ihn unbändig aus. Beim Pastor Exner in Ottendorf spielen sie nach fröhlicher Wanderung am anderen Tage im Garten: „Ich bin der Herr Böttcher und treibe“ usw. Nach dem lustigen Abendbrot wird die bei der Jugend aller Zeiten be­liebte Werferei mit Servietten, Blumen und Maikätzchen ge­trieben. Er wird, weil er’s wohl zu arg treibt, mit Rütchen ge­schlagen. Zur Strafe muß er am Klavier singen. Er singt:

Es ritt ein Jägersmann usw.

und alle fangen an zu weinen (!). Dann fährt er schwärmerisch fort:

Was ich gestern Dir entrissen usw.

und alle freuen sich und necken ihn kräftig. Es war so wunderwunderschön, daß ihm zu Hause das Essen nicht schmecken wollte und ihn die Tante trösten mußte, er könne ja zum nächsten Schützenballe wiederkommen – übers Jahr. Vom Tage des Abmarsches aber schreibt er, Sonnabend den 1. „Juny“: „Ich mochte zögern, wie ich wollte; ich mußte fort. Wir schleppten uns gleichsam aus der Stadt.“

In Dresden galt es auch wieder, täglich auf der Plan­kammer fleißig zu arbeiten. Die freien Stunden benutzte er

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/156&oldid=- (Version vom 13.3.2024)