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begann die Fußwanderung. Vom Karrenberge blickte er noch einmal wehmütig nach Neustadt zurück, und ein Vers fiel ihm ein, moralisierend im Geiste jener Zeit:

Wenn des Abschieds Thränen fließen,
Folgsam dem Gebot der Pflicht
Soll es deinem Pfad entsprießen,
Bittend: Ach vergeßt mich nicht!

Nach Abschied vom Herrn Pastor, der bis Stolpen mit­gefahren war, nahm er seinen Ranzen, den Stock in die Linke, die Pfeife in die rechte Hand und wanderte zum Tore hinaus. Unterwegs traf er einen Straßenarbeiter, der sehr gern zu dis­kutieren schien. Zu seinem Staunen hörte er aus dessen Reden, daß er an keinen Gott, keinen Christus, keine Auferstehung, ja an garnichts glaubte!

Über „Biela“ und den Weißen Hirsch ging es wieder bis zur Saloppe; es ward übergesetzt und nach der kleinen Schieß­gasse geeilt.

Zwei Jahre später, als er denn doch mit seinen 17 1/2 Jahren reifer geworden war, erblühte ihm wieder eine Pfingstfahrt nach Neustadt. Diesmal ging es bei Blasewitz über die Elbe. Früh um 3 Uhr hatten sie gewaltige Mühe, den Fährmann herauszuschreien. Ober-Rochwitz, Gönnsdorf, Schönfeld, Schullwitz, Eschdorf, Dittersbach wurden durchwandert; hier der Quandt’sche Turm auf der Schönen Höhe besucht.

Am ersten Feiertage hört er die Predigt des Herrn Pastor Klien, die er sehr schön findet. Schöner, als sie ihm geschildert[WS 1] worden war, findet er aber Pastors Mariechen, die er für diese Pfingsttage zu seiner Herzenskönigin macht, und sie hat sich ihm gegenüber sehr freundlich, herzlich und dabei sehr klug gezeigt. Schon am selben Nachmittag muß ihn der Onkel beim Herrn Pastor einführen und macht sich den Spaß, ihn als den jungen Grafen Marcolini vorzustellen. Sehr bald aber schiebt der Pastor[WS 2] den Akzisinspektor zur Stube hinaus, indem er zu ihm sagt: „Am ersten Feiertag besucht man keinen Geistlichen“.

Für den jungen Grafen Marcolini kommen nun aber herr­liche Tage. Am 2. Feiertag eine Fahrt auf die Bastei. Be­such aller wichtigen Punkte: Kanapee, Ferdinandstein, kleine

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: geschilder. Vermutlich Druckfehler
  2. Vorlage: Pastort. Vermutlich Druckfehler
Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/154&oldid=- (Version vom 13.3.2024)