Seite:Paul Rachel Altdresdner Familienleben.pdf/152

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

an die Brücke gestürzt, um unter Hynko zu fechten, als ich halb zur Besinnung kam, indem mich Herr Kühn anredete. Noch starrte ich eine Weile in die Dämmerung hinaus, dann legte ich mich müde zur Ruhe, um mich zu besänftigen und mein Blut zu beruhigen, aber es kam kein Schlaf wieder in meine Augen, bis endlich der Tag fast anbrach und ich mich überzeugte, daß ich – bloß in Meißen war.“

Am 19. März waren die Landvermesser nach Meißen ge­zogen, am 2. Mai, also nach etwa 7 Wochen packten sie ihre Sachen, und zwar nachts 3 Uhr, dann gingen sie zu Fuß mit Meißner Freunden bis nach Spaar, setzten sich auf den Boten­wagen und waren um 9 Uhr in Dresden.

Er hatte oft bei Wind und Wetter gearbeitet, manches vor sich gebracht und, was ihm besonders wichtig sein mußte, die Zufriedenheit seines Kammerrates von Schlieben errungen. Da­neben hatte er die alte Stadt fleißig durchwandert, neue und zum Teil sehr anregende Eindrücke gewonnen, Freundschaften ge­schlossen, Menschen kennen gelernt, mancherlei Beobachtungen gemacht, dabei auch in zarten Gefühlen geschwelgt, vielerlei An­regendes und Aufregendes gelesen und, was dieser Schilderung zugute kommt, manche Stunde, mit seltener Ausdauer, ins „Tage­buch geschrieben“. Mit dieser seiner Tätigkeit hatte er sogar seinen Mitarbeiter und Vorgesetzten zugleich, Herrn Kühn, eine Zeitlang angesteckt. Dabei verfuhr er, wie schon zu Hause, sehr freimütig. Das Tagebuchheft blieb immer auf seinem Tische offen liegen. Die Haustöchter, neugierig genug, lasen darin und filzten ihn wohl aus, wenn er über sie in begeisterten Worten etwas eingetragen hatte.

Wie sein älterer Bruder hatte auch er die große Freude, einmal die Pfingsttage bei Onkel und Tante Akzisinspektor in Neustadt bei Stolpen zu verbringen. An einem Maitage 1831 ging es mit 2 Freunden an den Elbberg, dort mieteten sie einen Kahn, der sie, 2 Gr. für die Person, bis zur Saloppe brachte. Nun ging es nach dem Weißen Hirsch und weiter östlich auf der großen Straße dahin. In der Hardt am Wegweiser fand er zu seiner Freude seine Namensaufschrift von 1830 noch vor. Im Stolpner Büschchen begegneten ihnen aber 50 Bauernjungen

Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/152&oldid=- (Version vom 13.3.2024)