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Schubert war auch die Seele der sonntäglichen wissen­schaftlichen Ausflüge der jungen Besucher der technischen Lehr­anstalt. Als Beispiel sei hier nach dem Tagebuch berichtet, wie einfach, fröhlich, aber lehrreich ein solcher damals verlief.

Sonntag den 8. Mai 1831, an einem Tage, den der einstige Gymnasiast als dies admirabilis bezeichnet, stand er früh 1/2 4 Uhr auf und holte Punkt 5 Uhr einen Freund ab. 1/2 6 Uhr begaben sie sich nach dem Feldschlößchen, wo sich alle um ihren Lehrer Schubert versammelten. Zuerst gingen sie in die gegenüberstehende Mühle, die sogenannte Kunadmühle, die Müllermeister Flechsig gepachtet hatte. Sie bestand aus einer Mahlmühle und einer Ölstampfe. In der Mahlmühle befand sich auch eine Handschrotmühle. Wie gepudert aussehend, be­gaben sie sich weiter links in eine Lederwalke, wo es denn nicht zum besten roch, und in eine Gewürzstampfe, wo ihnen der Be­sitzer eine von ihm selbst gemachte Erfindung zeigte. Durch sie wurde ermöglicht, im Kessel durch ein Sieb gröberes und feineres Gewürzmehl voneinander zu trennen. Ein Stock, der mit der Welle in Verbindung steht, stößt in die Zähne des Kessels und dreht sie schnell herum, prallt aber durch eine besondere Vor­richtung zur rechten Zeit zurück. In zwei anderen Mahlmühlen, die sie am selben Vormittag besuchten, war einer der Müller besonders „menschenfreundlich“ und teilte viel aus seiner reichen Erfahrung mit. Staunend hörten sie, daß er binnen 24 Stunden 35 Zentner Gewürz feinstoße. Von den Mühlen ging es in das Kanonenbohrwerk, wo eigentlich niemand zugelassen war. „Wir aber sagten: ,Wir sind polytechnische Schüler‘, und damit waren wir aufgenommen.“ Den einfachen Vorgang schildert er also: Die Stücke, die ungebohrt dahin kommen, werden mittelst einer Hebemaschine an ihren Ort gebracht, von da in die Höhe ge­zogen bis ins zweite Stock ungefähr. Dann wird der eiserne Bohrer ganz gerade untergestellt und in ein Zahnrad befestigt. Dieses Zahnrad wird durch ein anderes in Bewegung gesetzt und dreht den Bohrer. Die Kanone aber senkt sich durch eigene Schwere ganz langsam zwischen vier starken Kloben herab und erleichtert so das Bohren. In dem dritten Stock fanden sie ein Modell von einer Mahlmühle und eines von einer Ölstampfe,

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/145&oldid=- (Version vom 13.3.2024)