Seite:Paul Rachel Altdresdner Familienleben.pdf/143

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Familie Rachel, wie früher erwähnt, auf der kleinen Schießgasse wohnte, hatte der junge Mann die Stätten seiner Ausbildung sehr nahe.

Unter den damaligen Lehrern der Anstalt ragte neben dem Leiter, Oberinspektor Lohrmann, namentlich Johann Andreas Schubert hervor. An diesem Manne besaß die Schule aber wirklich auch eine ausgezeichnete, höchst vielseitige Lehrkraft. Zeitweilig hat er in allen wichtigen Fächern der Ingenieurwissenschaften unterrichtet, z. B. in Mathematik, Mechanik, Ma­schinenlehre, Geodäsie, Astronomie, Brückenbaukunde. Wohl war damals zur Behandlung solcher Aufgaben weniger zu wissen und zu lehren nötig als jetzt; immerhin zwingt die Aufzählung zum Staunen. Nebenher wirkte er in weniger wichtigen Fächern, z. B. in Buchhaltung. Dieser Mann hat für Dresden auch deshalb noch eine ganz besondere Bedeutung, weil er mit großer Zähigkeit den Gedanken geäußert und den Plan betrieben hat, die Dampfschiffahrt auf der sächsischen Elbstrecke einzuführen. Alle Versuche, Konzession hierzu zu erhalten, die seit 1815 von verschiedenen Personen gemacht worden waren, z. B. von Fried. Wilhelm Schaff, dem Engländer Humphrey und von Knab, waren fehlgeschlagen; selbst das Ziehen von Jachten, die mit Rudern und Segeln versehen waren, durch Dampfer wurde nicht konzessioniert. Im Jahre 1833 aber gelang es Schubert doch, im Verein mit dem Zuckersiedereibesitzer Calberla ein hölzernes Schiff zu bauen, das ein Schaufelrad am hinteren Ende besaß und als Schlepper von Rohstoff für die Zuckerfabrik diente.

Es ist begreiflich, daß dieser tätige und weitschauende Mann der lernenden Jugend lieb, ja interessant war; um so mehr, als er Herz und Verständnis für sie zeigte. Als sich Schubert ver­lobte, wußte sich der junge Rachel in den Besitz einer lithographierten Verlobungskarte zu setzen. Sie war ihm wert und wichtig genug, um sie in sein Tagebuch einzukleben. Als Schubert seine junge Frau von Mittweida nach Dresden geführt hatte, brachten ihm seine Schüler eine Huldigung dar. Mit Fackeln und Musik zogen sie des Abends vor sein Haus. „Die Fenster­laden gingen auf, die Stube war herrlich dekoriert, im Hinter­grunde standen zwei weißgekleidete Mädchen. In der Mitte aber

Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/143&oldid=- (Version vom 9.3.2024)