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machte er sich auf nach Dresden. Sechs Mann hoch gingen sie schon nach 5 Uhr früh nach Liebertwolkwitz, tranken dort ihren Kaffee und trafen elf andere Studenten, die aber nach Colditz strebten. Sie selbst gingen nach Grimma, von da nach Leisnig. Der Anblick der alten Muldenstadt mit ihrem überragenden Schloß­berg entzückte sie alle. Gern wären sie im Ratskeller unter­gekommen, er war aber durch „eine Schauspielerbande“ belegt. Sie mußten daher in einen Gasthof gehen, der ihnen aber nicht die genügende Anzahl Betten stellen konnte. So gaben sie sich mit einfachem Strohlager zufrieden. Da zu viele „Knoten“ im Wirtszimmer saßen, fehlte ihnen der rechte Geist, zu kommersieren und zu singen. Nach einer tüchtigen Zankerei über diese wichtige Frage zogen sie sich auf ihr Strohlager zurück. Am zweiten Tage ging es über Döbeln und das Kloster Zelle, in dem sie sich gern herumführen ließen, bis nach Limbach, das ihnen das zweite Nachtquartier bot. Am dritten Tage jauchzten sie früh beim Antritt der Wanderung Dresden entgegen. Von der Gorbitzer Höhe sahen sie es begeistert liegen, eilten zum Freiberger Schlag, wo die „gute Police“ sie erst nicht hereinlassen wollte. Wie wunderten sie sich über „die enorme Stille“, die im Gegensatz zu Leipzig in Dresden herrschte! In den folgenden Jahren ist er auch Ende März zu Fuße nach Dresden gereist, kam dabei auch einmal „recht marode“ an.

Es ist hier nicht mehr der Platz, von der Weiterentwickelung des jungen Mannes zu reden. Würde es ja auch unmöglich sein, sein tägliches Leben weiterhin zu verfolgen und zu besprechen. Wohl hat er vor und nach 1840 Ansätze zu Tagebüchern gemacht, auch viele Jahre später 1864 neuerdings; aber sie sind kurz und abgebrochen und verbreiten sich mehr über innerste Erlebnisse als über sein Leben in Haus, Familie, Stadt oder Staat. Daraus zu berichten, gehört nicht hierher. Er hat die freie Zeit, die er seit 1835 als Rechtskandidat ge­nießen durfte, mehr zu eindringlichem Lesen und, was uns jetzt seltsam vorkommen würde bei einem jungen Juristen, zu oft recht umfänglichen Auszügen daraus verwendet. Seit 1833 hat er solche angefertigt; in den Jahren 1834 und 1835 erreichte diese zeitraubende Beschäftigung ihren Höhepunkt. Als er Ad­vokat

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/133&oldid=- (Version vom 13.3.2024)