Seite:Paul Rachel Altdresdner Familienleben.pdf/129

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gegen dieses Land sei daher nötig. Ein anderer erklärte wenig mutvoll: dies Wiederstreben nütze garnichts, indem Rußlands Übermacht alles erdrücke. In dem darauf ausbrechenden Wort­gefecht behielt Schnabel, Rachels Stubenbursche, der diese Äußerung getan hatte und nun verfocht, „entschieden Unrecht“. Den Be­schluß machte wieder, „da nicht viel Menschheit da war“, der Gesang Körnerscher Lieder.

Daß damals der deutsche Liberalismus auf Frankreich, das unter der Julidynastie eine mehr vermeintliche, als wirkliche parlamentarische Freiheit genoß, blickte, ist bekannt, und so wird denn ausdrücklich gebucht, daß, als in einem Gartenkonzert des Hotel de Prusse bei Illumination die Marseillaise gespielt wurde, lärmende Rufe Bravo, Bravo, da capo, da capo erschallten und die revolutionäre Weise noch einmal gespielt werden mußte. Einige Tage später zeigt ihm ein Freund einen Plan der fran­zösischen Deputiertenkammer. Er war ihm so interessant, daß er sich ihn alsbald abzeichnete.

Am Sonntag den 22. Juni 1832 wollten die jungen Leute früh nach Schleußig, nachmittags auf die Bürgerau gehen. Die Wasserfahrt nach Schleußig wurde jedoch durch das schlechte Wetter vereitelt. Bei Tische erzählte im Speisehause der Prof. Klotz, daß sich die Kommunalgarde um halb 5 Uhr stellen müsse, um auf die Bürgerau zu marschieren. Der Hofrat von Langenn war nämlich ergötzlich mystifiziert worden, daß die Burschenschaften von Leipzig, Jena und Halle sich vereinigt hätten, ein Hambacher Fest auf der Au zu feiern (was dann auch später im Frei­sinnigen 120 zugegeben wurde!). Deswegen waren für den Notfall in allen drei Kasernen die Soldaten unter Waffen; die Bürger­garde marschierte bis vor das Tor hinaus, kehrte dann wieder um. Alle Wege waren mit Spürnasen oder verkleideten Polizei­dienern bedeckt. „Hätten sie sich, so schließt der Bericht, noch ein bischen ängstlicher gezeigt, hätten sie wohl ein Revolutiönchen zu Stande bringen können“.

Viel aufregender war ein in jener Zeit veröffentlichter Bundestagsbeschluß. Nach dem Hambacher Fest erschienen im Juli 1832 die Sechs Bundestagsartikel, die zwar nichts Neues,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/129&oldid=- (Version vom 13.3.2024)