Seite:Paul Rachel Altdresdner Familienleben.pdf/125

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ein merkwürdiges Jahr, reich an gesunden Anregungen, reich an mancherlei abenteuerlichen Plänen. Von jedem ein Bei­spiel. Ein Posamentierer Eccarius, der wegen mancher unreifer Ideen, die er zu Haus zu Papier gebracht hatte, eine Zeitlang verhaftet gewesen war, hatte u. a. folgende Pläne entworfen: Eine Staatsverfassung für Deutschland, Ungarn und Böhmen; einen Vorschlag, daß der 1828 geborene Prinz Albert evangelisch getauft werden sollte, und eine Schrift: Bürgerkunde nötig für die Jugend, weil man oft Fehler begehe, ehe man die betreffenden Gefahren kenne. Man muß dem einfachen Manne zubilligen, daß er mit dem zuletzt genannten Vorschlag seiner Zeit wenigstens in Sachsen um beinahe 80 Jahre vorausgeschritten ist. Ein anderes seltsames Beispiel: In der Nähe von Neustadt bei Hohn­stein lernte der Kreuzschüler während seines glückseligen Ferien­aufenthaltes einen Baron Zenker kennen, der zu Langburkersdorf auf seinem Gute große Brutöfen für Vogeleier unterhielt, worin schon 200 Enten- und Hühnereier ausgebrütet worden waren, damals wohl noch etwas Neues. Er beschäftigte sich in Mußestunden auch mit politischen Dingen und äußerte sich stark über die mangelhaften Gesetzbücher in Sachsen. Er schlug vor, er wolle in einem Jahre eins schreiben, das aber aller 5 Jahr, je nach den hervortretenden neuen Bedürfnissen, wieder umgestürzt werden solle. Da schreibt der junge Mulus verzweifelt in sein Buch: „Da möchte ein Teufel Jurist werden!“

Denn Jurist wollte er werden, nicht Theolog, wie er noch bis zwei Jahre vorher geplant gehabt hatte.

Jetzt galt es nun, nach der Stätte zu ziehen, wo er sich die Bildung fürs Berufsleben aneignen sollte. Die Abreise nach Leipzig stand bevor. Im Hause wurde dafür gerüstet, Besuche wurden gemacht bei Lehrern, bei befreundeten Familien, vor allem da, wo man mit den liebenswürdigen Haustöchtern in fran­zösischer Komödie, auf dem Ball, beim Gesellschaftsspiele, bei lustigen Spaziergängen und Ausflügen allerhand Kurzweil er­lebt hatte.

Vertraute Stätten wurden noch einmal besucht, und be­zeichnend ist es für den jungen Dresdner jener Zeit: Es wurde noch einmal Moreaus Denkmal begrüßt. Die Vaterstadt lag im

Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/125&oldid=- (Version vom 13.3.2024)