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zwei der Hauptführer verhaftet. Als dies Sonntag den 17. April ruchbar wurde, sammelte sich auf dem Altmarkt nachmittags allerhand Volk; Kommunalgardisten, bewaffnet, aber ohne Binde, schlossen sich an; man drängte gegen das Rathaus, in dessen Wachtstube die Gefangenen saßen, und verlangte mit dem Rufe: Bürger heraus! deren Befreiung. Da das Rathaus wenig ge­schützt war, gelang es auch, wirklich die zwei zu befreien. Nun aber wurde Alarm geschlagen: Kommunalgardisten kamen aus allen Teilen der Stadt; ihre Kommandanten, Prinz Johann und Oberst Krug von Nidda, eilten herbei, bald auch der Stadt­gouverneur von Gablenz mit einem Bataillon Infanterie. Unter großer Mühewaltung gelang es, nach Besetzung der Zugangs­straßen den Altmarkt von schreienden, johlenden, drohenden, auch mit Steinen werfenden Leuten zu befreien. Die Gefangenen kamen wieder in die Hände der Behörde. Andere wurden dazu gebracht, verhört, entlassen oder unter Bedeckung in die Neustädter Militärstrafkaserne geführt. Die starke Besetzung wichtigster Punkte und eingetretenes heftiges Regenwetter bewirkten, daß die Nacht wenigstens ruhig blieb bis auf Störungen in der Nähe der Annenkirche.

Am andern Tage, Montag den 18. April, erhob sich von neuem große Unruhe, die in den Nachmittagsstunden stärker und stärker wurde. Auf dem Gewandhaus beschäftigte sich eine Volksversammlung in immer stürmischer werdender Verhandlung mit Abfassung einer Beschwerdeschrift, mit drohender Forderung der erneuten Freilassung der Gefangenen. Der vorüberreitende Prinz Johann wurde von Heraustretenden um all diese Dinge stürmisch angerufen, lehnte aber fest und entschieden ab.

Inmittelst drängten beim Dunkelwerden aus allen zum Markte führenden Gassen allerhand Leute, von denen einzelne gedungen oder durch Geldausstreuung herbeigelockt gewesen sein sollen, darunter viele Gesellen, Lehrlinge, Handarbeiter, natürlich auch viele Neugierige, nach dem vom Militär besetzten Markte. Dieses war, da sich die Kommunalgarde nicht allzu zahlreich und nicht völlig zuverlässig gezeigt hatte, in verstärkter Zahl gekommen. Artillerie deckte die Schloßstraße und das Schloß, in dem Prin­zessin Amalie mit dem vor 12 Tagen geborenen Prinzen Ernst

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/117&oldid=- (Version vom 9.3.2024)