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geradezu dem Dienste entzogen hatten, am 4. Dez. dieses Jahres im Gehege kurz und bündig, ganz militärisch aufgelöst worden. Die Unzufriedenen hatten den Wunsch, in irgend einer besonderen Form der neu gegründeten Kommunalgarde, die in fünfunddreißig Sektionen gegen 6 000 Mann zu stellen hatte, eingegliedert zu werden. Die Gleichgesinnten trafen sich häufig im Café Creutz an der Schreibergassenecke und bildeten bald den sogenannten Bürgerverein. Da in der Kommunalgarde auch Adlige und Be­amte waren, wollten sie, den Begriff Bürger im engeren Sinne fassend, eine eigene Bürgerabteilung bilden.

Allmählich, besonders als am 1. März 1831 der Entwurf der Verfassungsurkunde bekanntgegeben worden war, schwand das Interesse an dieser sehr lokalen Frage der Nationalgarde oder Kommunalgarde; man beschäftigte sich, namentlich seit dem 25. März, mehr mit allgemein politischen Dingen. Es wurde über einen Gegenentwurf zu der in Aussicht gestellten Konstitution beraten, und man dachte daran, die Kommunrepräsentanten, die ja ebenfalls eine neue Städteordnung zu erwarten hatten, zu ge­meinsamen Beratungen über die künftigen Staatsverhältnisse heranzuziehen.

Damit verließ der Bürgerverein tatsächlich den gesetzlichen Boden. Die Regierung verbietet dieses Auftreten; trotzdem fordert der Verein am 30. März die Bürgerschaft von neuem dazu auf, sich an ihn zu wenden. Darauf verfügt die Regierung am 6. April die Auflösung. Sie war um so mehr dazu verpflichtet, als sich im Monat März, wie schon berichtet, Tumulte und mancherlei gesetzwidrige Haltung in Dresden bemerkbar gemacht hatten. Aber diesem Befehle wurde nicht Folge geleistet. Der vom Branntweinbrenner Petzold, einem früheren Kaufmann Schramm, einem Schneider Drabitius, einem Schuhmacher geleitete Verein, den der auf der Königstraße wohnende Advokat Mosdorf stark beeinflußte, hielt noch weiterhin geheime Zusammenkünfte ab, deren Ergebnis ein in einer geheimen Winkeldruckerei zusammen­gestellter Verfassungsentwurf von 133 Paragraphen war. Die verzweifelte Stimmung der Verfasser dieses Entwurfes geht aus ihrem Wahlspruch hervor: – und wird sie nicht gewährt, so klopfen wir mit Flintenkolben an. Noch am 16. April wurden

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/116&oldid=- (Version vom 9.3.2024)