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wird diese neue Versammlung nicht erwähnt. Nur als der Kon­rektor einmal einige kräftige deutsche Redensarten als Beispiel bringt, bezeichnet der Chronist diese Bemerkungen als recht „kommune“ Witze.

Die Befürchtung, daß bei den vom neuen Ministerium Carlowitz geleiteten Beratungen über die Verfassung nicht viel herauskommen werde, war vielfach vorhanden. In Berlin kristallisierte sie sich natürlich zu Witzelei, und so wird gebucht, man sage dort, da ja neben dem alten König Anton der Prinz Friedrich August als Mitregent bestellt worden war, Sachsen habe nun einen zweischläfrigen Thron.

Die ersten Unruhen im Jahre 1831 entstanden am 16. März. Liederliches Gesindel hatte die Schildwache beim Pulvermagazin überfallen, zu Boden geworfen und hätte sie erwürgt, wenn nicht Ablösung gekommen wäre. Dann hatten sich die Unruhstifter zerstreut, auch Steine in den neuen Weißeritz-Durchstich geworfen und gerufen: Arbeit für uns! Später waren sie vor des Minister Carlowitz Haus gezogen, hatten aber, als sie hörten, er sei nicht daran schuld, daß niedrigere Löhne gezahlt wurden, sondern die Straßenbaudirektoren, gerufen: Vivat Carlowitz! Sogleich war nach Gorbitz eine Signalkanone gefahren worden, und jeden Abend ritt ein Pikett von 12 Kavalleristen dahinaus. Zwei Tage nach dem Vorfall waren auch 150 Kommunalgardisten aufgefordert worden, zur Aufrechterhaltung der Ruhe in der Frie­drichstadt aufzumarschieren. Nur 80 kamen, und als sie auf Befehl ihres Herrn Hauptmann luden, lief unter allgemeinem Gelächter der Schneidermeister Beck vor Schreck davon. Einen Monat später, Sonntag den 17. April, brechen nun aber ernstere Unruhen aus.

Die unzufriedenen Elemente unter den Bürgern hatten sich zu einem sogenannten Bürgerverein zusammengeschlossen. Sie bestanden vielfach aus früheren Nationalgardisten, die nach der Septemberrevolution durch die Kommunalgarde unter dem Kom­mando des Prinzen Johann ersetzt worden waren.

Diese Nationalgarde, die in den aufregenden Monaten des Jahres 1809 gegründet worden war, war, weil sich etliche in den Unruhen des Jahres 1830 als unzuverlässig gezeigt, sich

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/115&oldid=- (Version vom 9.3.2024)