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In den Hausfluren der Bäcker sah es noch recht klein­städtisch aus; einmal wollte der Gymnasiast ein eben gekauftes Musikheft schnell einsehen: er ging ins Bäckerhaus und schnitt das Heft auf dem Mehlkasten auf. Noch blies der Nachtwächter in den Straßen der Stadt. Als sie einst vom Linckeschen Bade ans schwarze Tor kamen, blies einer so, daß er überschnappte. Die übermütigen Burschen klatschten ihm Bravo und machten es ihm nach. Noch war es abends schwierig, an entlegenen Stellen von der Elbe zur Stadt heranzugelangen. Sie fahren bei Regenwetter vom Linckeschen Bade über und kommen an das Elbpförtchen, das aber geschlossen ist. Der dabeistehende Soldat rät ihnen: viele Leute gingen auf dem zunächstliegenden Floße hin, sonst müßten sie über die alte Vogelwiese bis zum Ziegelschlage gehen. So war denn nichts anderes zu tun, als sich über das Floß hinwegzuwagen.

Von der sehr mangelhaften Beleuchtung der entlegenen Gassen war schon die Rede. Gerade im Herbst 1831 ging man daran, Gas zur Beleuchtung einzuführen. Am 23. und 25. Sep­tember sah er die Gasbeleuchtung auf der Brücke vorbereiten; am 12. Dezember, am Geburtstag des Prinzen Johann, brannten die Laternen da zum ersten Male, doch wirkte es wegen des Mondlichtes nur sehr schwach. An demselben Abend gab es zu Ehren des Prinzen im Hotel de Pologne auf der Schloßstraße ein Festmahl. Das dabei aufgestellte Transparent verurteilt er sehr stark; es hätte in einer Dorfkneipe nicht schlechter sein können. Selten hat er, wie’s scheint, jemand von der königlichen Familie gesehen. Als er dem alten König Anton im Großen Garten begegnet ist, bucht er es ganz anschaulich: Er ritt in blauem Frack, hellgelben Lederhosen, gelben Stulpenstiefeln und im runden Hut.

Wenige Tage darauf sah er mit seinem Freunde zusammen im Großen Garten, der damals, wie die Zwingeranlagen, manche Erneuerung erfuhr, wie vor dem Palais die bekannte Gruppe aufgerichtet wurde: der Tod, der in den Armen ein junges weib­liches Wesen fortträgt, unter ihm der weinende Amor; es ist die jetzt unter der Bezeichnung: die Zeit entführt die Schönheit be­kannte Marmorgruppe Pietro Balestras. Sie sehen bei der

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/111&oldid=- (Version vom 8.3.2024)