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Schmutz unter allerhand Unsinn mit den befreundeten Mädchen nach Dresden zu Fuße zurück.

Zwei Glanzpunkte in jenem Jahre 1831 waren für ihn ein Aufenthalt in Meißen unter den günstigsten Bedingungen und 8 Tage beim „Herrn Accisinspektor“ Zumpe, dem lieben Ver­wandten in Neustadt bei Stolpen.

Zu Ostern nahm ihn sein Freund Gustav Blöde mit zu einer in der Meise wohnenden wohlhabenden Familientante, Demoiselle Vetter. Ein Gutshof mit Scheune und Viehställen, ein sehr hübsches Wohnhaus, gemütliche Zimmer, eine geräumige Diele, auf der gern einmal Meißner Mädchen sich herum­schwenken ließen, eine sehr gut ausgestattete Bibliothek, sehr gutes Essen (täglich gebucht!) gaben eine sehr behagliche Stimmung. Viel heiterer Verkehr mit der Jugend der Stadt, die Gesellschaft eines strebsamen Kandidaten, den die gütige Dame begönnerte, die fesselnde alte Stadt und ihre reizvolle Umgebung gestalteten diesen fast 14 tägigen Osteraufenthalt zu einem wahren Hochgenuß. Und dabei allerhand kleine Abenteuer! Schon die Fahrt nach Meißen – höchst interessant für den Primaner. Vorsichtig wurden schon zwei Tage vorher Plätze beim Meißner Boten in Neustadt be­stellt. War doch einmal vor einer Fahrt nach Grimma die Tante Zumpe in heller Angst auf die Dresdner Post gelaufen, denn sie fürchtete, für sich und ihren Sohn, den späteren Dr. Julius Zumpe in Dresden, keine Plätze mehr zu bekommen. Nach Meißen hatten sich nicht weniger als 18 Personen zu­sammengefunden. Halb 5 Uhr morgens geht es fort; der Bote schreit: Hurra! Die Fahrt beginnt und endet glücklich. Gar herrlich verbringen die Freunde den Ostermorgen: 3/4 5 Uhr gehen sie über die rauchende Elbe auf die Proschwitzer Höhen, sehen das Schloß höchst romantisch wie aus einem Meere hoch auf­ragen. Das Mondlicht übergießt den wundervollen Bau; all­mählich steigt die Sonne in aller Pracht empor, und unten im Tale unterscheiden sie Schiffsmühlen und Kähne; Schüsse fallen von verschiedenen Seiten. Sie schneiden sich von der Pappel, unter der sie gesessen, etwas Moos ab und legen dies in ihre Tagebücher. Am anderen Tage geht es nach dem Buschbad und auf den Götterfelsen. Am herrlichsten ist es in Siebeneichen.

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/102&oldid=- (Version vom 8.3.2024)