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Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens

Reste einer Kultur aus dem 13. und 14. Jahrhundert und schließlich die Unmäßigkeit und Unmoral des öffentlichen Lebens, alle diese negativen Seiten des Ostens, die sich selbst überlebt zu haben scheinen, sind in Rußland Fleisch und Blut geworden.

Hinter mir liegt eine lange Zeit des Umherirrens durch die wildesten, wie auch durch die kulturellsten Länder des Ostens, die mich deutlich gelehrt hat, wie dieser Osten seine dunklen Schatten über ganz Rußland wirft.

Deutlich stehen die Gefahren vor mir, mit denen der Osten die christliche Kultur bedroht.

Aber nicht der wirkliche Osten, der da hindämmert in mystischer Träumerei oder emporwächst zu imponierender Majestät, gilt es, seine alte Kultur und Selbständigkeit zu verteidigen vor den verderblichen Einflüssen von Eindringlingen, ist der gefahrvolle.

Was als Avantgarde der unabsehbaren Menge der russisch-mongolischen Einwohnerschaft marschiert, ist die Gefahr, und wo hinter dieser sich die drohende Welle der verzweifelten und haßsprühenden Asiaten wälzt, die das blutgedüngte Geld der Sowjetdiplomaten demoralisierte, revolutionierte und zersetzte, das den Hingemordeten geraubt wurde und das man gestohlen aus den Kirchen und den Tempeln der Wissenschaft.

An den Zynismus des russischen Publizisten Engelhart muß ich mich in diesem Augenblick erinnern, der über die nahe Zukunft Rußlands prophezeite:

„Wir sind ein anarchistisches Tatarenvolk, welches nur physische Überlegenheit, eine harte Faust und die Peitsche anerkennt.

Als wir nicht mehr Steuern zahlen wollten, gab uns die Regierung Schnaps und zwang uns auf Schritt und Tritt, ja auf offener Straße, zu trinken.

Wir tranken Tag und Nacht und zahlten so die Steuern. In der Besoffenheit lag der Patriotismus.

Als wir uns wehrten, Kultur anzunehmen und unsere Kinder nicht in die Schule schickten, da mußte es der Pope ablehnen, uns zu trauen, unsere Kinder zu taufen, uns zu begraben, und die Polizisten trieben mit der Knute Vätern und Müttern den Eigensinn aus.

Verwehrten wir dem Vaterland die Rekruten, rückte eine Kompagnie Soldaten ein, feuerte uns nieder oder stach uns mit gefällten Bajonetten zusammen.

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Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/12&oldid=- (Version vom 15.9.2022)