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Mahl- und Sägemühle. Das Schlößchen, das ehemals den v. Humpiß gehörte, ist jetzt das Wirthshaus; der Ort hat auch Schule und Schulhaus. Die Pfarrkirche zum heiligen Apostel Jakob, deren Erhaltung auf dem Kirchenfonds lastet, wurde 1624 neu erbaut; in ihr ist noch eine unterirdische, mit einer Steinplatte verschlossene, Gruft der v. Humpiß. Zum Pfarrsprengel gehören 8 Parzellen der Gemeinde Ettenkirch, 3 der Gemeinde Liebenau und 3 der Gemeinde Unter-Meckenbeuern. Brochenzell heißt in einer Urkunde des Klosters Löwenthal von 1472 „zu der zerbrochenen Zelle“ und verdankt wahrscheinlich einer der Zellen, wie die der frommen Andacht geweihten Wohnsitze der ersten Priester des Christenthums benannt wurden, die man in der Bodenseegegend findet, seinen Ursprung. Als eine alte Zugehörung des Linzgaus gehörte Brochenzell später zur Grafschaft Heiligenberg. Im Jahr 1401 verkaufte es Graf Albrecht von Werdenberg-Heiligenberg an Conrad Ruch zu Constanz. Kaiser Sigismund zog 1427 Brochenzell „als ein verschwiegen und heimgefallen Lehen“ an sich, und verlieh es dem Grafen Hans von Höwen. 1455 kam der Ort von diesem an Ital und Jos die Humpiß, deren Familien dritthalbhundert Jahre lang im Besitze desselben blieben. Der Ort bildete mit Zugehör eine eigene Herrschaft, die mit Niedergerichtsbarkeit und Besteuerungsrecht dem Ritter-Canton Hegau einverleibt war. Zu der Herrschaft gehörten die oben schon genannten 9 Weiler und Höfe. Die über die Jurisdiction entstandenen Streitigkeiten mit der Landvogtei wurden von Kaiser Maximilian I. im Jahr 1512 dahin entschieden, daß die Landvogtei die hohe, Humpiß die niedere Gerichtsbarkeit haben soll. Im Jahr 1710 verpfändeten die Erben des Marquart Jak. v. Humpiß zu Waldrams die Herrschaft an das Kloster Weingarten, dem sie sie 1723 in einem festen Kauf überließen. Von dieser Zeit an bildete sie das Weingartische Klosteramt Brochenzell, blieb übrigens in ritterschaftlichem Verband. Durch den Vertrag von 1740 gelangte das Kloster auch zu dem pfandschaftlichen Besitz der hohen Gerichtsbarkeit, s. Ravensburg, S. 153. Als Weingartische Besitzung kam Brochenzell 1802 an Nassau-Oranien; durch die Rheinische Bundesakte, und da es eine inclavirte ritterschaftliche Besitzung war, durch den besondern Staatsvertrag mit Bayern vom 13. Oktober 1806 kam es unter Würtembergische Hoheit und theilte hierauf das Schicksal der Nassauischen Herrschaft Weingarten, s. Beschreibung von Ravensburg S. 156.

  • 6) Eggenweiler, W. mit 37 k. Einw. Filial von Ettenkirch. Ein Hof ist Waldburg-Wolfeggisches Lehen. Graf Konrad (im Argengau) vertauschte im Jahr 861 an den Abt von St. Gallen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)