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Im Jahr 1390 wurden die 8 damaligen Kaplaneien mit der Pfarrstelle zu U. L. Fr. von dem Abt Ludwig von Weingarten als Patron in eine geistliche Körperschaft vereinigt, und die Priesterpräsenz genannt, welche 1455 von Bischof Heinrich zu Constanz und 1498 von Papst Alexander VI. bestätigt wurde. Diese Gemeinschaft erwarb das Dorf Eschau mit dem Kirchensatz, die Zehnten zu Rembrechts und Hütten, O.A. Tettnang, und mehrere Güter, Grundgefälle und Kapitalien. Die Einkünfte betragen dermalen 1726 fl. 24 kr., von welchen jetzt der Pfarrer zu U. L. Fr. 1 Drittel und 4 Kapläne 2 Drittel erhalten. Die Baulast der beiden Kirchen, so wie des einen Theils der Pfarrwohnung, liegt der seit 1812 vereinigten Kirchenpflege der beiden Kirchen ob, welche 34.000 fl. Capitalien und 1200 fl. an Grundgefällen besitzt.[1] Das Jodoks-Kaplanei-Haus hat die k. Kammer, früher Weissenau-Sternberg, die übrigen Kaplaneihäuser haben die Pfründbesitzer zu bauen und zu unterhalten.

Die evangelische Pfarrkirche ist die ehemalige Carmeliter-Kirche. Sie wurde von den Carmelitern 1701 neu gebaut, und war, wie schon die ältere Kirche, an deren Stelle sie trat, zwischen den Carmelitern und den Evangelischen in der Art getheilt, daß jene den Chor, diese das Langhaus inne hatten, bis das Kloster 1806 aufgehoben wurde (s. u.). Noch jetzt hat die Kirche 2 Kanzeln und einen Hochaltar.

  1. Das Pfarrhaus besteht aus 2 Gebäuden, dem eigentlichen Pfarrhaus, das 1757 auf Kosten des Klosters Weingarten und der Stadt neu gebaut worden, und dem sg. Capitelhaus. Das letztere wurde 1364 von einem Pfarrer, Griesinger, mit einem Jahrstage gestiftet, und 1605 von dem Kloster Weingarten mit dem Vorbehalt vergrößert, daß der Abt und andere Klostergeistliche in Kriegs- oder Pest-Zeiten dahin ihre Zuflucht nehmen können. Den Namen Capitelhaus erhielt es von den Landcapitels-Versammlungen, welche darin gehalten werden. Die Baulast des ersten Hauses ruht, vermöge Vertrags von 1603, auf der Gutsherrschaft v. Ratzenried als Großzehntherrn und der Stadt zu gleichen Theilen; die des Capitelhauses hatte das Kloster Weingarten und nach ihm der Graf v. Beroldingen, nachdem der Weingartische Zehnt auf diesen übergegangen war. Im J. 1830 wurde aber das Haus von dem Grafen gegen Übernahme der Baukosten überlassen, die nun aus Mitteln des Intercalarfonds bestritten werden.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_109.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)