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bekrönt, dessen Saum in große Schnecken ausgeht und dessen Fläche von vier Pilasterstockwerken belebt wird, alle diese Pilaster wieder mit erhabenen Zierden geschmückt. Durch das Portal gelangt man in den langen ansteigenden kreuzgewölbten Thorweg, der sich rechtshin gegen den innern Hof heraus als Hallengang öffnet und hier mit zwei Bögen auf einer riesenhaften Rundsäule ruht, während linkshin hübsche Renaissancepforten in den ehemaligen Bankettsaal oder die Ritterstube, jetzt Kanzlei des Kameralbeamten führen. Am Ende des Ganges steht ein steinerner Wendeltreppenthurm, der Aufgang in das Innere des Westernachschen Baues, und an der Ostseite des Hofes geht eine mit schönem Schmiedeisengeländer versehene doppelte Freitreppe in den Hohenlohe’schen Bau, das frühere Forstamt, und die ehemalige Wohnung des Forstmeisters.

Von den zum Theil leerstehenden Räumen des Schlosses sind besonders zu nennen im Hauptbau, dem Westernachschen, die jetzt als Holzlege benützte schöne geräumige rechteckige Schloßkapelle, an der Südostecke über dem hohen Unterbau gelegen; sie wird von einem ganz spätgothischen Rippengewölbe (mit sich durchschneidenden Rippen) übersprengt und enthält zwei steinerne Grabdenkmäler, das kleinere von einem Herrn von Westernach, das größere von einem Herrn von Bubenhoffen, mit der Darstellung des Moses und der Inschrift: fecit moises serpentem aeneum et posuit eo pro signo. Gegen außen, an der Ost- und Südseite, markirt sich die Kapelle mit schlaffgefüllten gothischen Fenstern im spätesten Geschmack und hat an der Südseite eine Inschrifttafel: Anno Domini 1591 den 9. Aprilis ist durch den ehrw. gestreng. Edlen Herrn Hans Eustach v. Westernach des erwählten Kgl. Würth in Polen, Maximilian Erzherzogs zu Östreich Rath Kammerer Statthalter und Commthur in Mergentheim und Kapfenburg teutsch Ordens dieser Bau sammt Thürmen und Schnecken von Grund aus aufführen angefangen und auf den 10. Oktober bemelts Jars mit Gottes Hilf unters Dach gebracht worden. Gott wöll Ine schirmen vor Zerrüttung und Ine selbs bewahren. Amen.

Die schon oben genannte Ritterstube ist sehr sehenswerth und hat eine vortreffliche auf vier steinerne Säulen ruhende Stuckdecke. Diese in Kreuzgewölben geführte Decke zeigt Arabesken und mythologische Darstellungen, während die halbrunden Stirnbögen der Wände allerlei Wild in Flachrelief enthalten; gegen Südwesten legt sich an den Saal der schöne auch kreuzgewölbte Erker, in dem hier aufsteigenden Eckthurm befindlich. Die vier stämmigen Säulen des Saales tragen reizende und eigenthümliche rechteckige Kapitelle, die an den vier Seiten mit vier großen Diamanten geschmückt sind und durch vier Engelsköpfe mit Flügeln in den runden Schaft übergehen. In den zwei oberen Stockwerken sind zu nennen, im dritten Stock gegen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0326.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)