Seite:OberamtNeresheim0215.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sehr scharfe Kanten bewahrenden Kalktuff; es treppt sich etwas ein und wird von schlichten flachen Wandstreifen gefaßt. Links davon sieht man ein leider dick übertünchtes romanisches Bildwerk, das einen Mann mit einem Esel darstellen soll; auch ragen hier aus der Mauer einige sog. „wachsende Steine“ heraus, auffallend durchlöcherte Kalktuffe, von denen das Volk sagt, daß sie immer noch wachsen. Das Übrige des vor einigen Jahren erneuerten Schiffes, sowie der rechteckig schließende niedrigere Chor, stammt aus dem dreizehnten Jahrhundert; dieser hat seinen frühgothischen Stil noch rein bewahrt, wird von starken begiebelten Strebepfeilern gestützt und von strengen Maßwerksfenstern durchbrochen; seine Ostwand zeigt ein großes sehr schön gefülltes dreitheiliges Spitzbogenfenster, und den schlanken Giebel darüber krönt ein trefflich gearbeitetes Steinkreuz.

Über dem Pförtchen an der Südseite des Chors steht:

Caspar Welsch. Sixtus Christ. Kirchenpfleger. 1558.

In das zum Theil noch mit den ursprünglichen engen und schlichten Spitzbogenfenstern versehene Schiff der Kirche wurden in spätgothischer Zeit einige breite mit Maßwerken gefüllte gebrochen; an der sehr einfach gehaltenen Westseite führt noch das frühgothische lebhaft gegliederte Doppelportal herein, und an der Südseite ist noch zu erwähnen eine Kleeblatt-Nische mit einer Reliefdarstellung, Christus am Ölberg mit den drei schlafenden Jüngern, ein ziemlich roh gehaltenes Werk aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Vor dem kräftigen Spitzbogenportal der Nordseite erhebt sich eine kreuzgewölbte, auf einem achteckigen Freipfeiler ruhende Vorhalle, die sich gegen Westen an ein Treppenthürmchen lehnt, mit folgender Inschrift:

Dieser Zeit waren Hans Christ und Martin Bosch Heiligenpfleger. 1599.

An der Nordwand des Chores steigt endlich sehr stattlich und aus schönen gelben Sandsteinen errichtet der sechsstockige bis zum Knopf 172′ hohe Thurm empor. Seine unteren sehr massiven Stockwerke stammen aus frühgothischer Zeit, das vierte Geschoß hat spätgothisch gefüllte Schallfenster und trägt auf seinem schon in Renaissanceformen gehaltenen Kranzgesims ein durchbrochenes Steingeländer mit Fischblasenmustern. Von hier an wird der Thurm, urkundlich 1612–13 erbaut, schmäler und achteckig und endigt in ein mit Blech bedecktes Kuppeldach. Die Sakristei steht am Chor östlich vom Thurm.

Im Innern des Gotteshauses ist das breite, gegen Norden weit hinaustretende Schiff flachgedeckt, der durch den rundbogigen Triumphbogen damit verbundene schmälere Chor schön gewölbt, seine Südwand liegt mit der des Schiffes in einer Flucht und zwei Rippenkreuzgewölbe, von frühgothischen Säulenbündeln ausgehend, übersprengen ihn. Aus dieser Zeit stammt auch die an der Ostwand angebrachte Sakramentshäuschens-Nische, deren Giebel mit Blumen besetzt ist. Das mit drei gefüllten Vierblättern geschmückte Ostfenster zeigt noch

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0215.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)