Seite:OberamtEllwangen 258.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

manches besser verkäufliche Stück Jungvieh, lediglich um Geld zu erhalten, verkauft wurde, da der Bauer seine schwerverkäufliche, weil nicht konkurrenzfähige 1882er Getreideernte ja kaum an den Mann bringen konnte.

Von großer Wichtigkeit für Viehzucht und Viehabsatz, überhaupt Viehverkehr sind die Ellwanger Viehmärkte, die früher von geringerer Zahl theils an gewisse Zeiten, wie der kalte Markt, der sog. Grasmarkt, und die beiden Fastenmärkte, theils an die Gedenktage von im Fürstenthum besonders hochgehaltenen Heiligen (Veits- Lorenzi- und Michelimarkt) sich anschloßen, neuerdings aber – freilich in nicht ganz regelmäßiger Vertheilung – Monatsmärkte geworden sind. Diese Ellwanger Viehmärkte hießen früher Ochsenmärkte, was sie in der That auch waren, da außer Ochsen nur Stiere, nicht aber auch anderes Schmal- und Kuhvieh zu Markt kam. (Überhaupt wurden Kühe in früherer Zeit sehr viel weniger gehalten als jetzt.) Dies gründet sich darauf, daß von alten Zeiten her, wie dies schon Sebastian Münster andeutet, indem er unter dem Vieh des Virngrundes speziell die Ochsen hervorhebt, eine Spezialität der Ellwanger Viehzucht die Nachzucht von starken Ochsen war, von vorzüglich leistungsfähigen harten Fuhrochsen, im leibigen Zustand aber auch von Einstellochsen namentlich für die Bierbrauer, die früher aus weitem Umkreis besonders am kalten Markt ihre Einstellochsen für die Mastung in Ellwangen sich holten. Indem so die alten Ochsen das Schlußglied in der Kette bildeten, mußte diesem die Einstellung der Stierkälber, der Ankauf jüngerer und älterer Stiere, welche der Ellwanger Bauer so zeitig als möglich zur Arbeit angewöhnt um dadurch die Kosten ihrer Erhaltung zu ermäßigen, vorausgehen, was alles die Ellwanger Märkte vermittelten. Jetzt sind diese Märkte Viehmärkte im vollen Sinn des Wortes geworden, indem eben so viel Kühe und Kalbeln, als Ochsen und Stiere zu Markt kommen. Wie die Ellwanger Viehmärkte nicht bloß aus dem Oberamtsbezirk, sondern auch weiter her aus dem Württembergischen und Bayerischen befahren werden, so sind die Hauptkäufer jüdische Handelsleute, welche, der großen Bewegung des Viehverkehrs von Osten nach Westen folgend, das in Ellwangen gekaufte Vieh hauptsächlich in die Rheingegend bringen, das fette in die großen rheinischen Städte von Straßburg bis Köln oder auch Brüssel (der frühere Vertrieb der hochfetten Ochsen nach London, der mittelfetten nach Paris hat neuerdings aufgehört). Kühe und Schmalvieh, soweit sie sich nicht zum Schlachten eignen, in bäuerliche Kreise der genannten Gegend. Übrigens werden diese weiblichen Thiere nicht sowohl als Zuchtvieh denn als Nutzvieh mit dem Absehen auf die Schlachtbank gekauft, wie denn ein großer Theil der zu Markt gebrachten Kälberkühe – dem großen Verkehrsstrom entgegen – nach München geht, wo sie die sogenannten Milchleute kaufen, welche sie mit dem Biertreber der großen Brauereien füttern, abmelken und mittlerweile fett machen, um sie abgemolken zur Schlachtbank zu verkaufen.

Da das Vieh hier zu Land noch weniger Simmenthaler Blut enthält, als dies in vielen anderen Gegenden der Fall ist, so macht es ein feinfaseriges Fleisch und ist besonders in den hellfarbigen Stücken bei Händlern und Metzgern sehr beliebt. Und so kommt dieses Vieh im

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_258.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)