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sich aneigneten, und daß die Bauernknechte beim Eintritt in einen neuen Dienst für 1 oder 2 Nächte des Jahrs das Fuhrwerk ihres Dienstherrn zum Holzstehlen und zum Verkauf namentlich nach Nördlingen, sog. „Nördlingfuhren“, sich ausbedangen. Dies ist nun gründlich anders geworden und Entwendungen von grünem Holz gehören gegenwärtig zu den seltenen Vorkommnissen. Die meisten Forstdiebstähle betreffen Gras und Streu, die meisten forstpolizeilichen Straffälle das Leseholzsammeln.


c) Viehzucht [1].

Die Pferdezucht soll in früherer Zeit im Ellwangenschen bedeutender gewesen und ein starker Stamm gezüchtet worden sein. Wie der Aufzucht das frühere Lehensystem, das die größeren Güter mit ihren Viehheiden geschlossen erhielt, günstig war, so gab es durch den weit und breit berühmten sog. kalten Markt, welcher in der Haupt- und Residenzstadt des Fürstenthums abgehalten wurde und von jeher in erster Linie Fohlenmarkt war, die erwünschte Verkaufsgelegenheit. Dieser Markt beginnt mit dem ersten Montag nach dem Erscheinungsfest und dauerte früher 4 Tage, wobei die 2 ersten Tage in der Art dem Roßmarkt gewidmet waren, daß vor dem Abend des zweiten Tages kein zu Markt gebrachtes Pferd die Stadt verlassen durfte.

Wie der Pferdestamm des Bezirks allmählich zurückgieng, indem er zu fein und die jungen Thiere zu schmal und hochbeinig wurden, so hat auch der Roßmarkt des kalten Markts, übrigens neben anderen Gründen, insbesondere durch Errichtung von Konkurrenzmärkten, wie des Stuttgarter Pferdemarktes, allmählich viel von seiner früheren Bedeutung verloren. Doch hat sich die Pferdezucht des Bezirks durch geeignetere Zuchtrichtung des Landbeschäler-Instituts, welches jetzt stärkere und besetztere Hengste auf die Ellwanger Beschälplatte liefert, neuerdings wieder gehoben, obgleich der frühere Stand, welcher neben der Beschälstation in der Stadt eine inzwischen abgegangene zweite Beschälstation im Bezirk zu Unterschneidheim seiner Zeit nöthig gemacht hatte, noch nicht wieder erreicht ist und bei der fortschreitenden Theilung und Zersplitterung der größeren Güter auch schwerlich mehr erreicht werden wird.

Nach einer dem Verfasser dieses Abschnitts vorliegenden amtlichen Übersicht über den Beschälbetrieb an der Beschälstation


  1. Von Ökonomierath Dr. Walcher.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_253.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)