Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

von Thurn und Taxis eine vorübergehende und nach ihm K. Karl V. eine bleibende reitende Post von den Niederlanden durch Deutschland anlegen lassen. Bey dieser Einrichtung wurden im Herzogthum Würtemberg 4 Posthalter oder sogenannte Postboten, und zwar zu Knittlingen, Enzweihingen, Canstatt und Ebersbach aufgestellt. Als später, trotz allem Widerspruch der Reichsstände, aus dieser niederländischen Post eine Reichspost wurde, und dieselbe 1602 bis 1615 eine ausgedehntere Einrichtung erhielt, wurde aus dem Canstatter Postboten ein Reichspostmeister mit einem Hauptpostamte, dem nicht nur sämmtliche würtembergische, sondern auch die auswärtigen Postämter von Schaffhausen bis Frankfurt und von Nürnberg bis Kehl untergeordnet waren. Neben dem Postamt bestand eine besondere Posthalterey für Extraposten; die Postwagen-Expedition dagegen, eine neuere Anstalt, die auf besondern Verträgen mit Taxis beruhte, ward mit dem Postamt Stuttgart verbunden.[1]

Nach der Auflösung der deutschen Reichsverfassung wurden auch die Taxisschen Posten aufgehoben, und Canstatt erlitt nun den empfindlichen Verlust, daß seine Postanstalt mit der von Stuttgart verbunden und das Hauptpostamt dorthin verlegt wurde, ein Verlust, der bey der ungünstigen Lage von Stuttgart für den Verkehr lange Zeit auch in anderer Beziehung beklagt wurde.

Die Brücke über den Neckar, welche die Stadt und Vorstadt verbindet, ist 375′ lang und hat 2 hölzerne und 7 steinerne Pfeiler mit einer hölzernen Fahrbahn. Der Standpunkt auf derselben ist äußerst freundlich, aber die Brücke selbst befindet sich in einem sehr traurigen Zustand, in einem Zustande, der für eine Haupt-Landesbrücke kaum schmählicher seyn könnte, überdies nicht ohne Gefahr ist. Man ist


  1. Der Vertrag der früher auf 12 Jahre geschlossen war, wurde 1775 auf 30 Jahre erneuert. Zugleich wurden die 4 Landkutschen, die Frankfurter, Strasburger, Schaffhauser und Ulmer, die bis dahin neben den Taxischen „Geschwindkutschen“ bestanden hatten, in Pacht gegeben. S. Spittlers Urkunden-Sammlung II. S. 132.
Empfohlene Zitierweise:
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt106.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)