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oder minder abgelegt, leben aber mit sehr wenigen Ausnahmen in um so dürftigeren Umständen, als, wie oben gesagt, der landwirthschaftliche Betrieb nur gering ist. In dieser Hinsicht steht der Ort am Niedrigsten unter denen des Oberamts. Dabei mag es auffallen, daß sich in dem sehr mäßig großen Dorfe 6 Schild- und 3 Gassen-Wirthschaften befinden, die wenigstens durch die neue Straße von Nürtingen nach Waldenbuch und dem Schwarzwald nicht nothwendig wurden, da diese auf eine Strecke von 500 Schritten am Ort vorbeiführt. Von sonstigen Gewerben ist nur eine namhafte Mahlmühle mit Hanfreibe, welche durch einen Aichkanal getrieben wird, zu erwähnen. Das Sammeln und Verkaufen verschiedener Waldkräuter, Beeren, besonders aber der Wachholderbeeren, gibt den Armen einen kleinen Nebenverdienst.

Der Corporation ist seit Kurzem dadurch etwas aufgeholfen worden, daß der Staat ihr gegen Verzicht auf ihre Schönbuchsansprüche und Weidrechte etwa 400 Morgen Laubwald abgetreten hat. Daneben bestehen noch Holztage für Arme. – Die Zehnten werden sämmtlich dem Staat gereicht, der auch den kleinen und Heu-Zehnten von der verwandelten Pfarrei übernommen hat. Das Fischwasser in der Aich gehört den Bürgern.

Die Lage des Orts ist eine nordöstliche am Abhang und Fuß des Bergrückens zwischen der Aich und Schaiach, die Bauart unregelmäßig, das Aussehen nicht vortheilhaft, häufig auch ziemlich unreinlich. Die Kirche, ein altes 1425 erneuertes Gebäude, ist, wie der ganze untere Theil des Dorfs, heftigen Überschwemmungen ausgesetzt. Jahreszahlen, welche die Erbauung der Kirche und des Chors angegeben haben sollen, sind jetzt übertüncht; eine derselben auf der innern Seite des Chorbogens ist mit 1316 restaurirt worden, es scheint aber nach der Bauart, daß es 1416 heißen müsse; der Chor hat ein gutes Kreuzgewölbe; der ansehnliche Kirchthurm mit schlanker Pyramide ist 1835 ausgebessert worden. Die Baulast der Kirche ruht auf der Stiftungspflege. Bis 1559 war sie eine Filialkirche von Aich. Der Begräbnißplatz, der sie umgibt, ist 1844 geschlossen und ein neuer jenseits der Aich angelegt worden. Das Pfarrhaus ist ein 1835 auf Staatskosten ganz neu von Stein aufgeführtes gefälliges Gebäude. Bis jetzt hatte die Gemeinde ein schlechtes, ganz unzureichendes Schulhaus und gar kein Rathhaus. Im Jahr 1845 wurde jedoch von der Gemeinde ein Haus für beide Zwecke erbaut; der Kostenvoranschlag betrug 6800 fl. An der Schule ist ein Lehrer mit einem Lehrgehülfen angestellt. - Eine Winterindustrieschule besteht seit 1828. – An gutem Quellwasser ist Überfluß. Ein periodischer, sogenannter Hungerbrunnen in einer Scheune am Südende des

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_192.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)