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verschiedenen Altersstufen. Der Pflug fördert sie aus dem Boden, und liefert den Beweis, daß dort die Felder der heutigen Zeit noch unmittelbar auf dem alten Meeresboden liegen.

Endlich übertrifft der Süßwasserkalk von Steinheim[1] alle Formationen Württembergs, man kann sagen Deutschlands, durch die Unzahl seiner wohlerhaltenen Muscheln. Doch herrschen nur wenige Species vor. Wo die Muscheln in weichem Kalksande liegen, werden sie durch das Sieb in großen Haufen abgesondert, denen man nur, wie von einem großen Getreidehaufen, entnehmen darf. Valvata multiformis, so variabel, daß Schübler daraus vier Varietäten: planorbiformis, intermedia, trochiformis, turbiniformis machte, sticht unter allen hervor, neben ihr in Unzahl die Paludina globulus. Planorben, Lymnäen, Helix insignis zeigen an, daß Sumpf- mit Landmuscheln gemischt sind. Auch Süßwasserfische liegen zwischen den Muscheln zerstreut, deren Skelette auf den härtern Platten vollständig erhalten wurden. Agassiz nennt sie: Leuciscus Hartmanni, gracilis und Tinca microptera. Die Beschaffenheit der Säugethierknochen fällt auf; während die meisten vom Pferd, Ochs, Reh, Hirsch etc. nicht fossil, sondern entschieden neuern Ursprungs sind, bildet Jäger mehrere Zähne eines Rhinoceros Steinheimensis ab, die den Kalken einen Platz unter den Tertiärformationen anzuweisen scheinen.

Die Lagerungsverhältnisse des Kalkes sind sehr eigenthümlich. Sie erheben sich inselförmig südlich Steinheim in einen flachen, rings von Jurakalk umgebenen Becken. In der Tiefe liegen die weichern muschelreichern Schichten, unregelmäßig von härtern Platten durchzogen, oben darauf ruinenartig graue zackige Felsenmassen, die in der Ferne wie Dolomitfelsen aussehen, und erst bei genauester Prüfung als harte Süßwasserfelsen sich zu erkennen geben. Die Frage ist noch nicht beantwortet, warum die Süßwasserkalke in Ebenen sich so gewöhnlich zu grotesken Felsen aufthürmen. Das Gegentheil würde sich besser erklären lassen. Auch südlich Sontheim am Burgstall und von hier längs des linken Stubenthalgehänges bis zur Steinheim-Heidenheimer Straße erheben sich die Süßwasserfelsen nochmals, oft sind es wahre Breccien, mit eckigen Jurakalkstücken eingeknetet, und es ist nicht leicht zu entscheiden, was der Süßwasser- und Jurabildung angehören möge.

Valvata multiformis mit ihren Begleitern findet sich auch bei Hohen-Memmingen.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 027. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_027.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Die Mächtigkeit dieses Süßwasserkalks beläuft sich nach Schüblers barom. Messung auf 160 par. Fuß. W. Jahrb. 1832. S. 288.