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Verschönerung der Stadt wesentlich beiträgt. Vor dem verheerenden Brande des Jahrs 1728 waren die Straßen so wenig geregelt, daß die häufig vier Stockwerke hohen Häuser „über und durcheinander standen“ und dem Feuer unmöglich Einhalt gethan werden konnte. – An älteren öffentlichen Plätzen sind zu erwähnen: das zuvor genannte Haal, der Marktplatz bei St. Michael, wo ein schöner Brunnen mit gothischer Architektonik steht, der Hafenmarkt, der Judenmarkt, der Milchmarkt, der Grasmarkt und der Saumarkt. Die Hauptstraßen haben gutes Pflaster und sind Sommers und Winters beleuchtet.

Die Zahl der Hauptgebäude ist 944, der Nebengebäude 396, davon sind 18 Staatseigenthum. Mehrere, sowohl öffentliche als Privat-Gebäude, sind schön; andern wird mehr und mehr wenigstens eine hübsche Außenseite gegeben. Die merkwürdigsten öffentlichen Gebäude sind:

Die Kirche zum h. Michael, die Hauptkirche, auf einem vorspringenden Hügel der Höhe des Bergabhanges, welcher den Kocher östlich begrenzt, in einer freien Lage und die ganze Stadt beherrschend. Sie ist zu beiden Seiten mit hohen Mauern umgeben, die einen Vorplatz bilden. Auf der Vorderseite über dem Haupteingang erhebt sich der Thurm. Zu der Kirche führen von dieser Seite die im Jahr 1507 angelegten, 1751 erneuerten, 54 Stufen oder Staffeln in einem Cirkelsegment, wovon die unterste Stufe 180′ Länge hat.[1] Kirche und Thurm sind von Sandsteinen erbaut. Sie ist eine der größten und schönsten gothischen Kirchen des Landes. Das Innere ist sehr licht und hell, und macht durch seine Einfachheit und Höhe einen erhebenden, mit Ehrfurcht erfüllenden Eindruck. Schiff und Chor theilen sich in drei schöne Spitzbogengewölbe, welche auf 22 kreisrunden Säulen von schlanken Verhältnissen ruhen, die sich, zumal am Gewölbe des Chores, wunderbar verzweigen. Die vorzügliche Helle ist eine Wirkung der sehr günstig angebrachten Fenster, 39 im Ganzen, deren der Chor eine doppelte Reihe hat. Jedes derselben hat eine von den andern sich unterscheidende Verzierung; in denselben befinden sich nur noch wenige Theile alter Glasmalereien, jedoch von vortrefflicher Färbung. Der große, zierlich in Holz geschnitzte Altar im Chor ist im Renaissance-Styl ausgeführt. Zur Linken desselben ist an einer Säule das wunderschöne Sacramenthäuschen angebracht. Ein schöner, aus dem 15. Jahrhundert stammender, vormaliger Hochaltar


  1. Zuvor schon müssen Stufen vorhanden gewesen seyn. Denn schon 1297 spricht eine Urkunde von „Herrn Conrad dem alten Münzmeister, der da sitzet an den Staffeln.“
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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0121.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)