Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gebirgsformen und Erhebungen über die Meeresfläche. Um daher eine klare Anschauung über die Bildung des Bezirks zu gewinnen, müssen wir die Entstehung des ganzen Schwarzwaldgebirges etwas näher betrachten, insofern dasselbe durch großartige, gewaltsame, aus dem Erdinnern stattgehabte Eruptionen aufgebläht und emporgehoben wurde. Die Haupterhebung, Hebungslinie des Schwarzwaldes zieht westlich vom Bezirk von Süden nach Norden; je näher daher ein Theil des Schwarzwaldes dieser Linie liegt, desto mächtiger hat die Erhebungskatastrophe auf denselben eingewirkt und denselben nicht nur aus seiner ursprünglichen horizontalen Lage verrückt, sondern auch seine Formen vielfältiger verändert. Diese Erscheinungen treffen wir nun auch bei dem diesseitigen Bezirk, wo in dem westlichen, der Erhebungslinie näher gelegenen Theile nicht nur die bedeutendsten Höhen, sondern auch die größten Zerrissenheiten, Berstungen in den Terrainformen vorkommen. In der Richtung gegen Osten mildern sich, zugleich mit der Abnahme der Erhebung über die Meeresfläche, die Formen immer mehr und erscheinen daher im östlichen Theile des Bezirks auffallend verschieden von denen im westlichen vorkommenden. In Folge dieser Erhebung des Gebirgs haben die Gebirgsschichten nicht nur eine von Westen nach Osten stark einfallende Lage erhalten, sondern sind auch häufig gewaltsam geborsten, wovon die Menge von regellos, theils die Höhen, theils die Abhänge wild überlagernden Felstrümmer ein sprechendes Zeugniß liefern. Diese einzelne Theile des Bezirks so charakterisirenden Gesteinstrümmer erscheinen ebenfalls mehr in dem westlichen, der Erhebungslinie näher gelegenen Theile des Bezirks und greifen bis zu dem Enzthale vor, während sie im östlichen Theil des Bezirks weniger häufig vorkommen. Einen eigenthümlichen Zug in der Physiognomie des Bezirks bildet endlich noch die moorgründige Hochebene, welche den wilden See umgibt; eine vegetationsarme, eintönige, wenig belebte Ebene lagert sich um den melancholisch stillen See, in dessen nicht unbeträchtlichem Umkreise sich aus der dichten, aus Moosen, Flechten und Sumpfgräsern bestehenden Fläche nur noch vereinzelt die Legforche erhebt, während andere Holzarten hier nicht mehr gedeihen wollen. Aber auch die ohnehin kümmerlich aussehende Legforche ist häufig ihrer Nadeln beraubt und nur das graue, gekrümmte Gerippe dieser Holzart taucht noch gespensterartig aus der öden Gegend hervor und vermehrt die Unheimlichkeit dieses Hochmoors (siehe auch unten). 1

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neuenbürg. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 006. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Neuenbuerg_006.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)