Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

früher nur für die Verstorbenen aus der gutsherrschaftlichen Familie bestimmt und wird nun auch, nachdem im Jahr 1820 der um die Kirche gelegene Begräbnißplatz aufgegeben worden war, für die Ortseinwohner benützt.

Das in der Nähe der Kirche frei und angenehm gelegene Stadtpfarrhaus, welches im Jahr 1661 abbrannte, wurde im Jahr 1686 neu erbaut und 1840 durchgreifend erneuert. Die Unterhaltung desselben liegt der Stiftungspflege ob.

Das zunächst des Pfarrhauses gelegene, im Jahr 1820 neu erbaute Schulhausgebäude enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Das Rathhaus, im oberen Theile des ursprünglichen Städtchens gelegen, wurde im Jahr 1721 erbaut und befindet sich in ziemlich gutem Zustande.

Ein Armenhaus ist vorhanden.

Die Gebäude sind im Allgemeinen klein, unansehnlich und die in dem ursprünglichen Städtchen gelegenen (mit Ausnahme der Kirche und des Schlosses nur 14 an der Zahl) stehen ganz enge an einander gebaut und haben ein alterthümliches Aussehen.

Der Ort ist mit gutem Trinkwasser, das laufende Brunnen liefern, hinreichend versehen. Durch die Vorstadt fließt der Kollbach, welcher daselbst zu einem 26/8 Morgen großen Weiher geschwellt wird; er ist Eigenthum der Gutsherrschaft und sein künstlicher Ablauf setzt eine Mühle mit 4 Mahlgängen und einen Gerbgang in Bewegung. Diese sehr ansehnliche Mühle bildet mit dem klaren See und einer nahestehenden, schönwüchsigen Linde eine sehr freundliche Gruppe, die zu der überraschend schönen malerischen Ansicht des Orts viel beiträgt. Der Kollbach, welcher im Ort selbst den Bruderbach aufnimmt und sich 1/8 Stunde unter dem Vereinigungspunkt in die Nagold ergießt, treibt überdieß noch die untere Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, eine Sägemühle und 2 Ölmühlen. Das Fischrecht in dem Kollbach hat die Gutsherrschaft, welche es mit Ausnahme des Sees verpachtet. Das Fischrecht in dem gegenwärtig fischlosen Bruderbach gehört der Stadtpfarrei.

Die Einwohner sind im Allgemeinen von minder ansehnlichem Körperbau und Geistesschwache, sogar Kretinen kommen vor. Der sittliche Zustand hat sich in neuerer Zeit sichtlich gehoben, indem der früher allgemeiner getriebene Kleinhandel nachtheilig auf die Sittlichkeit einwirkte. Die Vermögensverhältnisse sind im Allgemeinen ziemlich gering und der begütertste Bürger besitzt etwa 30 Morgen Felder, der sog. Mittelmann 6–8 Morgen und die ärmere Classe 1–2 Morgen; mehrere

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Nagold. Karl Aue, Stuttgart 1862, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Nagold_139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)