Seite:Mutmaßlicher Grundsteinbrief des Jubiläumsbaus der Universität Marburg (Reproduktion).jpg

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[ws 1]m neunten Mai des Jahres neunzehnhundertundsechsundzwanzig, im dreihundertneunundneunzigsten Jahr des Bestehens der alma mater Phillppina seit ihrer Gründung durch Landgraf Philipp den Großmütigen, ist der Grundstein zu dem Jubiläumsbau (Kunstinstitut) der Philipps-Universität in Marburg an der Lahn gelegt worden. Möge das über ihm sich erhebende Gebäude noch späten Geschlechtern in segensvoller kultureller Arbeit dienstbar sein, wie es entstand als Zeichen des Dankes und der Anerkennung für die in akademischer Lehre und wissenschaftlicher Forschung gleich ruhmvolle vierhundertjährige Arbeitsleistung einer der ältesten deutschen Universitäten. Sollte aber der einst die Zeit auch unser Werk, das heute noch nicht aufgerichtet ist, wie alles vergängliche Menschenwerk zu Fall gebracht haben möge dieser Zeitpunkt noch ferne sein! , so sei durch diese Urkunde der Nachwelt verkündet, wie dieser Bau entstand auf daß sie neuen Mut zu neuen Werken fasse und aus dem Verfall neues Leben sprieße.


[ws 2]Aus Anlaß des vierhundertjährigen Bestehens der Philipps Universität in Marburg an der Lahn, das im Juli des Jahres neunzehn hundertsiebenundzwanzig wird gefeiert werden können, wurde im Jahre neunzehnhundertundvierundzwanzig der Plan einer einheitlichen Jubiläumsgabe gefaßt, die in diesem der Kunstwissenschaft und ihren Nachbardisziplinen von der Vorgeschichte über die Antike bis zur Kunst der Gegenwart gewidmeten Jubiläumsbau ihren Ausdruck findet. Mit ihm wollten wir nicht nur eine bisherige Lücke im Unterrichtswesen der Philipps-Universtät schließen, sondern ein Kulturzentrum schaffen, das weit über die Universitätskreise hinaus der gesamten Bevölkerung unserer Heimatprovinz Hessen-Nassau und der angrenzenden Gebiete, ja dem ganzen Deutschen Vaterlande zu Nutz und Segen wirken soll. Zur Erreichung dieses Zieles erließ der Universitätsbund Marburg e. V., der seit seiner Gründung im Jahre neunzehnhundertzwanzig die Förderung der Interessen der Philipps-Universität und die lebendige Verbindung zwischen der Universität und ihren ehemaligen Schülern erstrebt und heute fast dreitausend Mitglieder zählt, im Juni neunzehnhundertfünfundzwanzig einen Aufruf, dem sich sämtliche öffentlich-rechtlichen Korporationen der Provinz Hessen-Nassau und des Landes Waldeck sowie über fünfhundert private Personen aus allen Kreisen und Berufen innerhalb Deutschlands anschlossen. Opferfreudig folgten die Bezirksverbände, das Land Waldeck die Landkreise, die Städte, die Han


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dels-,Handwerks- und Landwirtschaftskammern, die Freunde der Philipps-Universität aus Handel und Industrie, aus akademischen, Beamten-, Angestellten- und Arbeiterkreisen dem Rufe, sodaß wir heute die Grundsteinlegung wagen können, wenn auch die auf eine Million Reichsmark veranschlagten Mittel zur Errichtung des Baues noch nicht voll gesichert sind. Denn wir hegen die feste Zuversicht, daß die Freunde unserer Universität und alle Verehrer deutscher Wissenschaft uns nicht im Stich lassen werden, wenn es gilt einen Bau zu vollenden, der berufen ist, den Glanz und die Leistung unserer Universität für die Dauer zu mehren, ein Werk, auf das mit Stolz unser Deutsches Vaterland sehen kann. Die näheren Einzelheiten über die Vorbereitung der mit diesem Grundstein in erste Erscheinung treten den Jubiläumsgabe und die Ausgestaltung des Jubiläumsbaues sind in den dieser Urkunde beigefügten Schrift stücken des Universtätsbundes Marburg e.V. und des von ihm gebildeten Arbeitsausschusses für die Jubiläumsgabe enthalten. Das Bild des heutigen Marburgs als Kunst und Universitätsstadt spiegeln die zwei beigelegten Abbildungshefte. Der beigefügte Aufruf nennt die Namen all jener, die mitwirkten am Zustandekommen unseres Werks. Ihnen und den zahlreichen Stiftern gebührt über unsern gegenwärtigen Dank hinaus der Dank der Nachwelt.- Das Verzeichnis aller Stifter wird in den Schlußstein dieses Baues eingemauert werden, mit weiteren Schriftstükken, die Bericht bis zur Vollendung des Jubiläumsbaues geben sollen.


[ws 4]Aus diesen Dokumenten mögen künftige Geschlechter ersehen, wie in Zeiten schwerer wirtschaftlicher und vaterländischer Not - noch immer leiden wir alle unter den Wirkungen des Weltkrieges neunzehnhundertvierzehn bis neunzehnhundertachtzehn - doch das deutsche Volk nicht in materieller Bedrängnis versank sondern sich als Hüter deutscher Geisteskultur bewies. Mögt Ihr, die Ihr diesen Grundstein dereinst wieder ans Licht fördert, dies nicht vergessen: nicht nur für uns, für Euch haben wir gebaut, geschaffen und gelebt, auf daß Deutsche Wissen. schaft, Deutscher Geist und Deutsche Kunst nicht vergehe, sondern wachse, blühe und gedeihe. Ihr aber, baut fort auf dem Grunde, den wir schufen, wie wir das Erbe unserer Vorfahren weiterbildeten! Dies unser Wunsch, unser Gruß an Euch, Ihr kommenden Geschlechter! Deß zu Urkund haben wir Unterzeichneten unsere Unterschrift gegeben und das große Siegel der Universität angehängt. Marburg an der Lahn, den neunten Mai neunzehnhundertundsechsundzwanzig.


Haeuser[ws 5] v. Hülsen[ws 6] Lommatzsch[ws 7] Troeltsch[ws 8]
Dr. phil. h. c. Dr. ing. e.h. Geheimer Regierungsrat Dr. jur. Dr. med. h. c. Geheimer Oberregierungsrat, Dr. phil., o.ö. Professor, Dr. phil., o. ö. Professor, Geheimer Regierungsrat
Vorsitzender des Universtätsbundes Marburg e. V. Kurator der Universität derzeit Rektor der Universität Vorsitzender des Arbeits Ausschusses für die Jubiläumsgabe

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Der Text ist in drei nebeneinander stehende Blöcke aufgeteilt, wobei der mittlere Block aus zwei Spalten besteht
  2. Wechsel zu einer kleineren Schriftgröße, da der zweite Block aus zwei Spalten besteht
  3. Schmuckvolle Trennlinie der beiden Spalten
  4. Wechsel zur Schriftgröße des ersten Blocks
  5. Unterschrift Adolf Haeuser
  6. Unterschrift Ernst von Hülsen
  7. Unterschrift Ernst Lommatzsch
  8. Unterschrift Walter Troeltsch