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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754

weit feuriger, die Andacht weit brünstiger, und die tugendhaften Regungen weit stärker werden, wann eine sittsame Melodie Seufzer und Gebet begleitet, da der Dank und die Freude des Hertzens ohnehin gewohnt sind, in musikalischen Tonen auszubrechen.

Was für Vorzüge, ihr Richter! In den Wirkungen bey nahe unglaublich, in dem Vergnügen unerschöpflich, in dem Ruhme allen Künsten gleich, und den meisten überlegen, in dem Alter betagter, als die Menschen, in den Grundsätzen wahr, und so gewiß, als die Meßkunst selber, in dem Ruhme bey nahe stolz, in der Dauer unsterblich.

Ich habe mit allem Bedacht, ihr Richter, bißher mehr von mir, als von meinen Gegnern geredet, weil es nicht erst seit gestern eingeführet ist, daß man erst sich selbst lobet, und hernach andere verachtet. Doch im Ernste zu reden, so muß ich mich zu euch wenden, ihr Maler, ihr Poeten, und ihr Gaukler, da ich es den Richtern bereits ansehe, daß sie mir ihren Beyfall nicht versagen. Für der Malerey ist mir weniger bange, als für den Poeten , deren Geschwätz die stärksten Instrumenten überschreyen kann, und deren Fabeln, selbst die Musik verdächtig gemacht, wenn sie dieselbe besungen haben. Denn dieses hast du mir, wenn ich mich recht besinne, vorgeworfen, daß mein gedankenloses Geräusch bald vorüber sey, da hingegen deine Bilder, Zeit und Alter trotzen, und daß alle meine Wirkungen, Fabeln der Poeten seyn.

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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/18&oldid=- (Version vom 24.2.2024)