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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754

der Comödie vorzuziehen sey? Zwey Stücke berühren diese Frage. Das erste giebt der Comödie in der Vergleichung mit der Oper den Vorzug, weil ihr Vortrag natürlich, und der Oper ihrer gezwungen sey. Das andere bemerket sehr wohl, daß sich beyde nicht vergleichen lassen, weil sie weiter unter einander als nur in gewissen Stuffen unterschieden. Man meint die Comödie suche den Verstand und die Oper die Sinnen zu ergötzen, Wir glauben, schreiben die Verfasser der Göttingischen gelert. Zeit. im 8·sten Stück des 45. J. p. 679, daß, wenn man den rechten Begriff des natürlichen bestimmet, dieser in der erstern so wenig als in der andern zu finden sey, und daß folglich der Beweis, den man dahero von der erstern entlehnet, ungegründet. Durch die Kunst der Natur nachahmen, und natürlich etwas vorstellen ist sehr unterschieden. Das erstere thut die Comödie und Oper, das letztere beyde nicht; Und aus der glücklichen Nachahmung der Natur entstehet die innere Vollkommenheit oder das Künstliche von beyden; aber das äuserliche, welches eigentlich auf die Sinne gehet, gehöret nur zur Auszierung. Eine wohlgesetzte Oper muß Verstand und Sinnen rühren. Wer wird ihr dieses absprechen, in so fern sie wohl gesetzt ist, und wohl ausgeführet wird, und daher hat sie die innerliche und äuserliche Vollkommenheit, und der letztere weit mehr, als die Komöde. Welcher gehöret nun der Vorzug? Das gezwungene mancher Oper ist ein Fehler, den man in dem Verfertiger, und nicht in der Oper suchen

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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/128&oldid=- (Version vom 14.12.2023)