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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
2. Theil

„Ein Cherub gar lieblich sitzt oben im Top,
Das Leben des Seemanns zu schützen.“

Vögel, glänzende schöne Vögel flattern im Thale von Typie. Man sieht sie hoch oben auf den unbeweglichen Ästen der majestätischen Brotfruchtbäume oder fröhlich von Ast zu Ast in den elastischen Kronen des Omoobaumes hin und her flattern, über die Palmettodächer der Bambushütten hinstreichen, wie Geister durch die Schatten der Haine schlüpfen, und zuweilen im geraden Fluge von der Spitze des Gebirges bis ins Thal herabschießen. Ihr Gefieder ist purpurn und himmelblau, carmoisinroth und weiß, schwarz und golden, ihre Schnäbel von allen verschiedenen Farben, hell-blutigroth, glänzend schwarz oder weiß wie Elfenbein, und ihre Augen sind strahlend und funkelnd. Sie segeln durch die Luft in dichten Schaaren, aber ach, der Fluch der Stummheit ruht auf ihnen; es giebt nicht einen einzigen gefiederten Sänger im Thale.

Ich weiß nicht, wie es kam, aber der Anblick dieser Vögel, die doch gewöhnlich ein freudiges Gefühl erregen, machte mich tief melancholisch. Wenn sie in stummer Schönheit um mich her saßen, wenn ich lustwandelte, oder neugierig aus den Laubkronen auf mich herabblickten, kam es mir fast vor, als wüßten sie, sie blickten auf einen Fremden und bedauerten sein Schicksal.


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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)