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zwar durch einen Reiter, der zur Nacht ohne Kopf dort herum galloppirt, und in der Rechten ein großes blankes Schwert hält. Es ist nicht gut, zu dieser Zeit ihm zu begegnen. Einst hatte ein Bauernknecht aus Wandersleben Malz nach Wechmar zu fahren, und zwar in der Nacht, und kam just zur Geisterstunde nahe der Apfelstädt an einen Graben, als plötzlich die Pferde standen und alles antreibens und peitschens ohngeachtet nicht wieder zogen. Der Knecht wandte alle Mühe auf, die Pferde fortzubringen, allein er mühte sich vergebens, bis die Glocke in dem nahen Wechmar Eins schlug; da zogen die Pferde an, aber der Knecht bekam von unsichtbarer Hand ein Paar Ohrfeigen, die ihn ganz betäubt machten.




427.
Der milde Herr Augustin.

In Gotha ist an einem steinernen Hause am Jacobsplatze das Bild eines Mannes, in Stein gehauen, zu erblicken, welcher an einige Kinder kleine Brode austheilt. Die Sage geht, daß vor Zeiten ein Mann, des Namens Augustin, jenes Haus besessen und bewohnt, welcher ein außerordentlicher Freund der Kinder gewesen, und nie ausgegangen sei, ohne die ihm begegnenden Kinder mit allerlei Gaben, so er in den Taschen mit sich herumgetragen, zu beschenken, und es sei gewesen, als ob der Vorrath in sothanen Taschen ein unerschöpflicher und nur so ausquellend, wie das Wasser aus einem Borne. Darüber wurde dieser Kinderfreund, Herr Augustin, sehr alt,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/310&oldid=- (Version vom 1.8.2018)