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ein jähzorniger Herr, hatte seinen Kammerknecht im Verdachte des Diebstahls, ließ diesen, da er läugnete, foltern, und da er durch die Folter gezwungen, endlich gestand, hinrichten. Der arme alte Diener hob flehend seine Arme gen Himmel und rief Gott an, seine Unschuld zu offen baren. Bald nach Vollziehung des grausamen Urtheils warf ein Wind das Rabennest vom Thurme, da fand sich neben vielen glänzenden Kleinodien und auch Tand des Bischofs Ring. Darauf erfaßte den Bischof tiefe Reue. Er änderte sein Wappen, und setzte einen Raben mit dem Ring im Schnabel in das Schild und auf den Helm, auf letzteren daneben noch zwei zum Himmel erhobene Arme und Hände; dann machte er eine Stiftung, daß fort und fort ein lebender Rabe solle gehalten werden, ihn und seine Nachfolger an die Unglücksthat zu erinnern – und überall wurde das neue Wappen angebracht, selbst auf des Bischofs ehernem prächtigem Grabmahl – und ein Rabe wird noch immer gehalten.




383.
Die Frau von der Weißenburg.

In zweifacher Weise deutet die Gegend um Naumburg wieder nach der romantischen Frühe der Thüringer Landgrafenzeit hin, und will ein Sagenwanderer, statt der Saale ferner zu folgen, lieber der in diese dort einfließenden Unstrut entgegenziehen, so betritt er einen Boden, über den noch immer ein Klageton um das einst so reiche und große, und dann für immerdar in Trümmern geschlagene Königreich Thüringen hinzittert.

Ludwig, der zweite Graf von Thüringen, des Bärtigen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/247&oldid=- (Version vom 1.8.2018)