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Knaben:[1] so denke dir die Rednerkunst umgeben von den Genien des Lobes. Nun denn, verliebter Freund, der du von Begierde brennst, recht bald auf dieser Höhe zu seyn, frisch hinan, um dich mit deiner Geliebten zu vermählen, und den Reichthum, den Ruhm, den Beifall, kurz Alles das mit ihr zu gewinnen, was von Rechtswegen das Eigenthum des Vermählten wird.

7. Freilich wirst du im ersten Augenblicke, wenn du dich dem Berge näherst, am Hinaufkommen verzweifeln. Er wird dir vorkommen, wie die hohe Bergveste Aornus den Macedoniern, die, als sie dieselbe das erstemal sahen, meinten, daß es sogar einem Vogel nicht leicht seyn würde, über sie wegzufliegen, und daß man nothwendig einen Bacchus oder Herkules brauchte, um sie einzunehmen. Doch wird es dir nur im Anfange so erscheinen. Bald werden sich dir zwei verschiedene Wege darbieten, von welchen der eine ein schmaler, dorniger, steiniger, und viel Durst und Schweiß drohender Fußpfad ist, den übrigens bereits Hesiod so genau bezeichnet hat, daß es meiner Schilderung nicht weiter bedarf. Der andere ist breit und hat Blumenauen und Quellen zur Seite – doch ich habe ihn dir ja vorhin schon beschrieben; ich will dich also nicht durch eine Wiederholung des schon Gesagten aufhalten, indessen du bereits ein Redner geworden seyn könntest.


  1. „Welche die Aegyptier Ellen nennen,“ andeutend die sechzehen Ellen des Nilmessers, welche die Ueberschwemmung erreichen mußte, um den höchsten Grad der Fruchtbarkeit hervorzubringen. S. Plinius Naturgesch. V, 9. XXXVI, 7.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1339.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)