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46. In Hinsicht der Verbindung und Stellung der Worte ist eine weise Mitte zu halten: sie dürfen weder ohne alle Rücksicht auf Silbenfall und vereinzelt nacheinander, wie sich’s eben trifft, noch auch so zusammengestellt werden, daß, wie jetzt von so Vielen geschieht, ein fast dichterischer Rhythmus entsteht: denn das Letztere ist in dieser Gattung durchaus verwerflich, das Erstere macht den Ausdruck holpricht und unangenehm für die Zuhörer.

47. Die Gegenstände selbst aber soll der Geschichtschreiber nicht auf’s Gerathewohl zusammentragen, sondern erst nach vorhergegangener sorgfältiger, bisweilen selbst mühsamer und wiederholter Prüfung zur Darstellung ausheben. Hauptsächlich, aber berichte er uns das, wovon er als Augenzeuge sprechen kann: und kann er es nicht, so höre er wenigstens blos auf die Zeugnisse derer, von denen er voraussetzen kann, daß sie als unbestechliche Wahrheitsfreunde weder von Gunst, noch von Ungunst sich bestimmen lassen werden, irgend eine Thatsache zu verkleinern oder zu vergrößern. Und hier wird vornehmlich das Talent erfordert, mit Sicherheit zu urtheilen, und durch richtige Combinationen das Wahrscheinlichste auszumitteln.

48. Und wenn er dann seinen Stoff ganz oder größtentheils beisammen hat, so fange er damit an, denselben in einem vorläufigen Entwurf zusammenzuordnen, so daß das Ganze vorerst als ein roher, noch ungegliederter, reizloser Körper vorhanden sey. Jetzt erst lege er die ausbildende Hand an, gebe dem Ganzen, wie jedem einzelnen Theile, seine Schönheit und Vollendung, und schmücke sein Werk

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 675. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0675.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)