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hättest nicht aus blindem Vertrauen auf einen Mann, der nur Einen Weg der Philosophie, und[WS 1] vielleicht nicht einmal diesen genau kennt, uns Alle ohne gehörige Untersuchung verurtheilen und verwerfen sollen. Die Gesetze verbieten es jeglichem Richter, nur Eine Partei anzuhören, und die andere nicht zum Worte kommen zu lassen; beide Theile müssen gleich gehört werden; denn nur durch das Gegeneinanderhalten der beiderseitigen Aussagen läßt sich dem Wahren oder Falschen auf die Spur kommen. Unterläßt ein Richter dieß zu thun, so gestattet das Gesetz die Berufung auf ein anderes Gericht.“ Dieses und Aehnliches würde ich ohne Zweifel von ihnen zu hören bekommen.

30. Und vielleicht rückt mir der Eine oder der Andere von ihnen noch besonders mit Gewissensfragen zu Leibe, wie zum Beispiel: „Sage mir doch einmal, Lycinus, wenn ein Mohr, der in seinem Leben nie seine Heimath verlassen, mithin niemals Menschen unserer Art zu Gesichte bekommen hat, in einer Gesellschaft anderer Mohren mit aller Zuversichtlichkeit behauptete, es gebe auf der ganzen weiten Welt nichts als schwarze Menschen, und was man von weißen und braunen Arten sage, wären lauter Lügen – würden seine Landsleute ihm Glauben schenken? Oder wenn Einer der ältern Mohren ihm in’s Wort fiele, und sagte: „He, kecker Bursche, woher weißt du das? Du bist ja in deinem Leben nie außer Landes gewesen; wie willst du denn wissen, wie es in andern Gegenden aussieht?“ Müßte ich nicht sagen, der Alte hätte Recht? Oder was könnte ich sonst antworten, Hermotimus?

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uns
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0544.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)