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14. Ich will nun gleich bei der ersten Mahlzeit anfangen, zu welcher du geladen wirst, und wo du gleichsam die Vorweihe zu deiner neuen Bestimmung erhalten sollst. Zuerst erscheint bei dir ein ganz artiger Bedienter, um dich zur Tafel zu laden. Diesen Burschen mußt du vor allen Dingen auf deine Seite bringen; du drückst ihm also, um nicht unmanierlich zu erscheinen, zum wenigsten fünf Drachmen [einen Conventionsthaler] in die Hand. Der Mensch ziert sich: „Nein, nein, bei’m Herkules, das geschieht nicht, von dir nehme ich Nichts!“ Am Ende läßt er sich doch bewegen, nimmt, geht und – lacht in’s Fäustchen. Nun hast du genug zu thun, deine besten Kleider hervorzusuchen, dich zu baden, und so zierlich, als du nur immer kannst, dich herauszuputzen; und, weil es eben so wenig Lebensart verräth, der Erste zu erscheinen, als es unschicklich ist, zuletzt zu kommen, so mußt du ängstlich die Mittelzeit abpassen, um in das Tafelzimmer einzutreten. Dort empfängt man dich mit vieler Höflichkeit: ein Diener weist dir deinen Platz ganz in der Nähe des Hausherrn selbst an, so daß sich nur zwei seiner ältesten Freunde zwischen ihm und dir befinden.

15. Dir ist es, als wärest du in Jupiter’s Pallast gekommen: so staunst du Alles an, und so fremd und neu ist dir hier Alles. Während aber diese ungewohnten Scenen, deine Seele in beständiger Spannung erhalten, sind die Augen der Dienerschaft auf dich gerichtet, und Jeder der Anwesenden beobachtet sorgfältig dein Benehmen. Selbst dem reichen Herrn ist es nicht gleichgültig: er hat einen seiner Leute beauftragt, fleißig auf dich Acht zu geben, ob du nicht etwa zu oft nach seiner Gemahlin oder nach den hübschen aufwartenden

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0454.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)