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auch, wollen’s die Götter, nie in diesen Fall kommen – sondern was ich weiß, weiß ich aus den vielfältigen Aeußerungen Solcher, welche selbst in diese Lage gerathen waren. Einige von Diesen seufzten damals noch unter ihrem Joche, als sie mir klagten, was sie ausstehen müßten. Andere aber waren ihm wie einem Gefängnisse entronnen, und gedachten nun nicht ohne Behagen des überstandenen Ungemachs. Es machte ihnen wirkliches Vergnügen, mir alle die Uebel vorzuzählen, denen sie nun entgangen waren: und sie waren mir daher nur um so glaubwürdiger, da sie in jene Verhältnisse, so zu sagen, durch alle Grade eingeweiht, und vor ihren Augen nach und nach alle jene Schleyer gefallen waren, hinter welchen sich die Wahrheit verbirgt. Ich hörte ihnen wirklich mit Aufmerksamkeit und Theilnahme zu: es war mir, als vernähme ich Schiffbrüchige, wie sie mit geschorenen Häuptern im Vorhofe eines Tempels stehend ihre wunderbare Rettung erzählen, wie sie da zu sagen wissen von haushohen Wellen, von Sturm und Ungewitter und Felsenriffen, von dem Mast, der zertrümmert, dem Steuerruder, das entzweigebrochen, der Ladung, die über Bord geworfen worden wäre, und wie endlich die Dioskuren (denn Diese dürfen bei solchen Scenen nicht fehlen) oder irgend ein anderer Deus ex machina plötzlich auf der Segelstange sitzend oder am Steuer stehend erschienen sey, und das Schiff auf ein sanftabhängiges Ufer geleitet habe, an welchem es vollends sachte und allmählig aus seinen Fugen gegangen, während sie selbst in Folge der göttlichen Gnade dasselbe wohlbehalten verlassen hätten. In diesem Tone sagen solche Leute je nach den Umständen eine lange Leyer von ihren Erlittenheiten her; und

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0439.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)