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schweben über ihren Häuptern; so oft sich jene auf einen Sterblichen wirft, bringt sie ihn ausser Fassung, oder drückt ihn bisweilen gänzlich zu Boden: Die Hoffnungen hingegen flattern immer ganz nahe um ihre Köpfe; sobald aber einer sie zu fassen glaubt – flugs sind sie davon, und der Mensch steht da mit offenem Munde, wie Tantalus bei euch in der Unterwelt an der Quelle.

16. Wenn du deine Sehkraft etwas anstrengen willst, so wirst du auch die Parzen über ihnen erblicken, wie sie Jedem an seiner Spindel das zarte Gespinnste zuspinnen, an welches sein Daseyn geknüpft ist. Siehst du nicht, daß feine Fäden, wie die eines Spinnengewebes, auf sie herunterlaufen?

Charon. Wohl sehe ich, daß unendlich zarte Fäden in großer Menge hier Einen und dort Einen umschlingen.

Merkur. Ganz richtig, Fährmann. Wenn nun Einer so angekettet ist, so deutet dieß das Verhängniß an, daß Einer von der Hand des Andern das Leben verlieren, oder daß der, dessen Faden länger ist, den Andern beerben werde. Du siehst aber, an was für dünnen Fädchen Alle hängen. Da wird Einer in die Höhe gezogen, und ragt über alle Andere hervor; der Faden aber, der zu schwach für das Gewicht ist, reißt ab, und der Mensch stürzt mit um so größerem Getöse, je höher er gehangen hatte. Ein Anderer, der nur wenig über die Erde gehoben worden war, fällt so geräuschlos, daß sein Fall kaum von den Nachbarn vernommen wird.

Charon. Schnakische Dinge das!

17. Merkur. Wahrhaftig guter Charon, du würdest keine Worte finden, das Lächerliche der eiteln Bestrebungen

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0322.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)