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In solchen hohen Gedanken saß einmal das Schneiderlein und schneiderte, und vor ihm lag ein Stück Musbrod, das er sich noch eine Weile wollte aufheben, bevor er es äße.

Da kamen Fliegen und setzten sich auf das Musbrod, die scheuchte er weg mit einem Tuchlappen, denn es ordentlich auf Leben und Todt mit ihnen aufzunehmen, schien ihm doch allzubedenklich. Als sie es aber allzuarg trieben und wollten ihm das Mus ganz und gar vom Brodt freßen, faßte er sich ein Herz und schlug in der Angst sieben große Fliegen todt.

Da erschrack er vor sich selbst, und sagte: „Potz! Was für ein groß Mann ich bin!“ denn er wußte nicht, wie er solches große Werk hatte vollbringen können, und hätt ers sich selbst nicht geglaubt, wo ers nicht vor Augen gesehen. Da aber merkte er denn wohl, daß er zu großen Dingen geboren sei. Da gab er das Schneiderthum auf, machte sich aber zuvor einen breiten Gürtel um seinen Leib, darauf stand mit großen goldenen Buchstaben: „Sieben auf einen Streich geschlagen!“ Das hatte er sich mit Goldfaden hinein gestickt. Dazu hatte er sich nun auch einen blanken Harnisch machen laßen, aber das Schwerdt hatte er vergeßen, oder es schien ihm nicht nöthig, denn er mochte wohl denken, der Harnisch schütze ihn genug.

So zog er in die Welt sein Glück zu versuchen und nannte sich Großherz.

Er ging in das Land eines großen Königs bis zu dem Schloße deßelben, wo er sich in dem Hofe hinlegte und schlief. Die Diener aber, die hin und her gingen und den glänzenden Harnisch sahen und lasen die gewaltigen Worte auf dem Gürtel, thäten das dem König kund und sagten, er möcht wohl ein trefflicher Kriegsmann sein und könnt einmal großen Dienst leisten, wenn es sollte Krieg setzen.