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Allmählich dämmerte in ihr ein Verständnis für sein sonderbares Verhalten der letzten Tage auf, und die Ursache dieses Missverständnisses erfüllte sie mit tiefer Trauer und Verstimmung.

Wieder das Misstrauen, wieder der Zweifel an ihrer Liebe!

Und dabei liebte sie ihn doch so glühend und sehnte den Moment herbei, wo sie ihm ganz gehörte.

Ihr kurzes Widerstehen war doch so verständlich gewesen!

Was sollte sie nun thun?

Sie konnte sich doch nicht ihm in die Arme werfen und zu ihm sagen: Nimm mich! ich liebe Dich ja, und ich scheute mich ja nicht vor Dir, sondern davor! Vor dem Unbekannten! Nein, das konnte sie nicht, und sie wusste keinen Ausweg. Sie sann und sann, und ein unendlicher Opfermut erfüllte ihr grosses Herz. Sie wäre zu allem bereit gewesen, um ihren Mann von der Aufrichtigkeit ihrer Liebe zu überzeugen.

Endlich glaubte sie etwas gefunden zu haben. Ja, ja, das ging!

Am dritten Tage, abends, als Ludwig sich nach dem Souper erheben wollte um an seinen Schreibtisch zu gehen, sagte sie leise:

Empfohlene Zitierweise:
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/73&oldid=- (Version vom 10.11.2016)