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überhaupt ein Höllentanz am Werk ist, die Franzosen vor dem Mißbrauch ihres Telefons zu bewahren. Dies alles nur, soweit es sich nicht um automatische Verbindungen handelt – da gehts besser. So hat jedes Volk seines.

Wir hingegen haben zu tun, wenn es aber hochkommt, dann sind es Telefongespräche gewesen. („Wissen Sie, ehe ich einen kurzen Brief schreibe, führe ich lieber vier lange Telefongespräche!“), und was wäre der Mensch ohne Telefon! Ein armes Luder. Was aber ist er mit dem Telefon? Ein armes Luder.

Denn es gibt ja vielleicht Leute, die ihre Geliebte, die auf den Knien vor ihnen winselt – bitte, das habe ich selbst im Kino gesehn! – kalt liegen lassen, und wenn sie aufschreit: „Ich schieße mich tot!“ begütigend sprechen: „Mein Revolver liegt hinten in der Nachttischschublade!“ – so kalte und herzlose Menschen gibt es. Aber einen Menschen, der ein Telefon klingeln läßt und nicht an den Apparat geht –: den gibt es nicht.

Magisch zieht sie es an das schwarze Ding, wenn die Glocke schreit; sie müssen, es ist stärker als sie. Die Pflicht ruft, und sie laufen, laufen durch die ganze Wohnung, durch die Korridore, durch die Zimmer, das Telefon! das Telefon! „Was war?“ – „Ach nichts. Pimpernoll hat angefragt, wann er die Decken schicken soll. Er ruft nachher noch mal an.“ Immer erwarten sie die Sensation, und immer ist es Pimpernoll.

Nur eine Sorte Telefongespräche gibt es, die habe ich querverbunden stets mit innigstem Behagen geschlürft, es sind akustische Austern. Das sind die Gespräche, die Liebespaare führen, und zwar Leute, die aus irgendeinem Grunde „am Telefon nicht so sprechen können“ – weil sie vom Geschäft

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Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_288.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)