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Cydalise. Ach sie foppen mich wieder. Ich bin ja blaß wie der Tod. Meiner Treu, ich muß doch in einem recht unglücklichen Zeichen gebohren seyn, daß ich niemals vollkommen gesund seyn kann.

Chlorinde. Sie werden es schon werden, wenn die Nachrichten richtig sind, mit denen man sich herum trägt.

Cydalise. Ich mag niemanden Abbruch thun. Den Damis habe ich niemals leiden können, und Erast ist schon versehn. Ich mag weder einen gar zu flüchtigen, noch einen gar zu ernsthaften Menschen. Und überhaupt preßirt das Heyrathen so sehr nicht bey mir. Ich habe es schon gesagt, ich mag niemanden betrüben.

Celimene. Sie sind sehr großmüthig, meine liebe Cydalise. Aber fürchten sie sich dafür nicht. Heyrathen sie ruhig, andere sind eben so großmüthig als sie.

Chlorinde. Ich versichere sie, daß ich es auch bin. Nur dauret mich der arme Damis, daß er das Glück nicht hat haben können, ihnen zu gefallen, meine liebe Cydalise.

Cydalise. Wenn er nur andern gefällt, und das scheint mir, so ist er eben nicht sonderlich zu beklagen.

Chlorinde. Meinen sie so?

Cydalise. Ich weiß so nicht, warum er sich an eine so heßliche und kränkliche Person hat wenden wollen, wie ich bin, da es doch so viele schöne, reizende und gesunde Frauenzimmer giebt.

Chlorinde. Sie haben Recht.

Cydalise. So habe ich Recht? Ich weiß aber doch daß es noch schlechtere Gesichter giebt, als meines ist. Wir könen nicht alle so schön seyn, wie Fräulein Chlorinde.

Celimene. Ich bitte, ich bitte, meine Fräulein. Lassen sie sich Gerechtigkeit wiederfahren, jedes Frauenzimmer findet ihren Liebhaber, dem sie gefällt.

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Christian Gottlob Klemm: Der Besuch. Ein Lustspiel in einem Aufzuge. Schulz, Wien 1765, Seite 583. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Klemm_-_Der_Besuch.pdf/7&oldid=- (Version vom 12.5.2023)