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zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.“ „Ich weiß besser, was sich schickt,“ antwortete der Bauer, „erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?“ Der Jude, als er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der Zorn des Königs verraucht wäre, so käme er um seine Belohnung und der Bauer um seine Strafe, so sprach er „ich will euch für die kurze Zeit einen schönen Rock leihen aus bloßer Freundschaft; was thut der Mensch nicht alles aus Liebe!“ Der Bauer ließ sich das gefallen, zog den Rock vom Juden an und gieng mit ihm fort. Der König hielt dem Bauer die bösen Reden vor, die der Jude hinterbracht hatte. „Ach,“ sprach der Bauer, „was ein Jude sagt ist immer gelogen, dem geht kein wahres Wort aus dem Munde; der Kerl da ist im Stand und behauptet ich hätte seinen Rock an.“ „Was soll mir das?“ schrie der Jude, „ist der Rock nicht mein? hab ich ihn euch nicht aus bloßer Freundschaft geborgt, damit ihr vor den Herrn König treten konntet?“ Wie der König das hörte, sprach er „einen hat der Jude gewiß betrogen, mich oder den Bauer,“ und ließ ihm noch etwas in harten Thalern nachzahlen. Der Bauer aber gieng in dem guten Rock und mit dem guten Geld in der Tasche heim und sprach „diesmal hab ichs getroffen.“

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1857). Göttingen 1857, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1857_I_043.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)