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dritte Erzählung aus Hof am Habichtswald hat denselben Inhalt; Nebenzüge darin sind daß bei der schlafenden Königstochter ein Kelch gestanden, aus welchem der Jäger erst zwei Züge thun mußte, um die Kraft zur Führung des Degens zu erlangen. Nach drei Jahren kommt er zurück und in das Wirthshaus, wo die Königstochter sitzt, und das die Überschrift hat „hier zehrt man umsonst, muß aber seinen Lebenslauf erzählen“. Sie hört nun daß er der Vater des Kindes ist, das sie geboren hat, und als sie die Wahrzeichen gesehen, entdeckt sie sich. Aus einer vierten, gleichfalls hessischen, ist anzumerken daß der kunstreiche Schütze mit einem Pfeil dem Riesen gerade in den rechten Daumen schießt.

Die Schützenkünste erinnern sehr an An Bogsweigr (Sagenbibliothek 2, 542), er schießt gleichfalls einem ein Stück Fleisch aus der Hand; zu vergleichen sind die deutschen Sagen 1, Nr. 255. 256 und 257. Das Aufschneiden und Trennen der Kleider der schlafenden Königstochter erinnert an das Zerschneiden des Panzers (slita bryniu) der Brynhild durch Sigurd. Das Zungenausschneiden kommt oft vor, der Hauptmann ist der Truchseß im Tristan. Am Ende geht das Märchen in den König Drosselbart (Nr. 52) über.


112.
Der himmlische Dreschflegel.

Aus dem Paderbörnischen. Eine Erzählung aus dem Münsterischen hat eine andere Einkleidung. Der König läßt bekannt machen wer am besten zu lügen wisse, solle seine Tochter haben. Die Hofleute versuchens nach der Reihe, machens aber alle zu fein und können keine tüchtige, ungewaschene Lüge aufbringen. Da stellt sich ein armer Bauernjunge vor den König und erzählt „Herr König, in unserm Garten stand einmal ein Kohlkopf der ward groß und immer größer, und fieng an in die Höhe zu schießen, daß er endlich bis an den Himmel rührte. Daran stieg ich hinauf, um einmal in den Himmel zu sehen. Nun war eben das Himmelsthor offen und ich sah eine solche Pracht und Herrlichkeit daß ich geradezu hineinspringen wollte, aber es fuhr mir vor der Nase zu, und ich blieb in den Wolken hangen. Ich ließ mich zwar an einem Strick herunter, aber der brach auf der Hälfte des Wegs, und ich fiel herab und gerade in einen Kieselstein,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)