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erstarrende Kälte herrschen wird. Die gemässigten Zonen, wenn anders wir sie hier so nennen können, nehmen mithin auf dem Monde den bei weitem grössten Raum ein. Ich habe sie mit dem Namen ‚neutrale Zonen‘ belegt.


69. [103.]


Gemässigt wage ich sie nicht zu nennen, denn auf dem Monde giebt es keine gemässigte Temperatur, wie wir sehen werden.

Ob sich in den zwischen der heissen und der kalten Zone liegenden Gebieten die Temperatur so verhält, wie bei uns, bezweifle ich, auch Kepler will sie keine gemässigte nennen. Man muss hier berücksichtigen, dass zur Zeit, wo Kepler seinen Traum – und auch noch, wo er die Noten dazu – schrieb, die Ansichten über die atmosphärischen Verhältnisse des Mondes, die ja bei Beurtheilung der Temperaturausgleichungen eine wichtige Rolle spielen, ganz falsche waren. Wir werden später speciell hierüber noch höchst interessante Erörterungen erfahren; N. [223].


70.


Ich habe die Erklärung der Solstitial- und Aequinoktialpunkte schon in C. 56 u. 57 gegeben und bemerke zum weiteren Verständniss dieser Stelle noch, dass die Aequinoktialpunkte nicht unveränderlich an derselben Stelle der Ekliptik beharren, sondern dass die Sonne jährlich um 50″ von Osten nach Westen zurückbleibt, was in 72 Jahren 1°, in 2160 Jahren aber 30° oder 1/12 der Ekliptik oder ein ganzes Thierkreisbild beträgt. Mithin würden die Aequinoktien zu einem ganzen Umlaufe im Thierkreise 12 × 2160 = ~ 26 000 Jahre bedürfen [s. auch C. 121], Die Veränderung überhaupt ist eine Folge der Einwirkung der Planetenmassen auf die nicht völlig kugelförmig gestaltete Erde, abweichend von der Kugelförmigkeit durch Erhöhung in der Nähe des Aequators rings um die Erde herum, und durch die Abplattung an den Polen.

Diese langperiodische Erscheinung nun vollzieht sich den Mondbewohnern schon in einem Zeitraum von 20 ihrer tropischen Jahre, welche je einen Mondsommer und einen Mondwinter in sich schliessen.


71.


Kepler spielt hier auf das ‚Primum mobile‘ an. Er liebte es, bisweilen noch auf die alten Ausdrücke zurückzugreifen. Besonders scheinen die Ptolemäischen Begriffe noch ganz geläufig zu seiner Zeit gewesen zu sein, da man ihnen sehr häufig in seinen Werken begegnet.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 071. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_099.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)