Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Jahren von jener Stadt und jenem Hause verläumderische Redereien über mich ausgegangen sind, welche, von unsinnigen Köpfen aufgefangen, endlich zu einem Gerücht anwuchsen, wobei Unwissenheit und Aberglauben in die Flammen bliesen. Wenn ich mich nicht täusche, so wird man dafür halten, dass sowohl meiner Familie die sechsjährige Qual, als auch mir der letzte einjährige Aufenthalt im Auslande hätte erspart bleiben können[UE 1], wenn ich nicht den im ‚Traum‘ ertheilten Rath meiner Fiolxhilde verletzt hätte.

Ihr, lieben Freunde, die Ihr meine Schicksale kennt und wisst, welches die Ursache meines Umherirrens in Schwaben war, Ihr könnt, besonders diejenigen von Euch, die vorher das Manuskript eingesehen hatten, beurtheilen, wie verhängnissvoll mir und den Meinen jenes Buch geworden ist. Gross ist die Vorahnung des Todes bei einer tödlichen Wunde, bei Leerung des Giftbechers, aber nicht geringer schien sie mir bei der Veröffentlichung dieser Schrift.

Zu einer so traurigen Zeit, wo Unwissenheit und Aberglaube ihr Spiel trieben, wo Hexenprocesse an der Tagesordnung waren, zeugte es von einer ganz besonderen Ueberzeugungstreue und Unerschrockenheit Keplers, eine solche Schrift zu veröffentlichen. Um aber dem Uebel nach Kräften entgegenzuarbeiten, um all die Anfeindungen, welche ihm die unerwünschte Verbreitung des Textes und die böswillige Auslegung gebracht hatten, zu widerlegen, schien es ihm nunmehr nothwendig, das Buch mit eingehenden Erläuterungen einem grösseren Kreise zugängig zu machen. Leider sollten ihn seine Todesahnungen nicht getäuscht haben; er starb, wie wir wissen, bevor das Werk erschien.


10. [11.]


In der geschichtlichen Beschreibung Schottlands und der Orkaden [Orkneys Inseln] Georg Buchanans wird eines 150jährigen Fischers erwähnt, der in diesem hohen Alter von seiner jungen Frau noch mit mehreren Kindern beschenkt wurde.

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Kepler spielt hier und im weiteren auf den Hexenprocess an, in den seine alte Mutter verwickelt wurde und das Ungemach, das dadurch über seine ganze Familie hereinbrach [s. auch das schon erwähnte Buch von Breitschwert]. Um die Sache der Mutter in diesem Process persönlich zu vertheidigen, verliess er im Juli 1620 seinen Wohnort Linz, eine grosse Familie und wichtige Arbeiten zurücklassend, und eilte nach Schwaben, wo er über ein Jahr blieb und so glücklich war, das Schlimmste – den Foltertod – von seiner Mutter abzuwenden. Erst im November 1621 kehrte er nach Linz zurück.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 028. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_056.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)